Das Wort Gottes kann nicht abgeändert werden

Koranstellen zum Thema “Verfälschung der Bibel”

Im Gespräch mit Muslimen begegnen wir immer wieder der Ansicht, die Bibel, wie sie heute existiert, sei verfälscht worden. Darum wollen wir das anhand von Aussagen des Koran prüfen. Wir Christen sind – unabhängig vom Koran – aus verschiedensten Gründen von der Unverfälschtheit der Bibel überzeugt. Nun aber wollen wir prüfen, was der Koran zu diesem Thema sagt. Dabei wird sich zeigen, dass der Vorwurf der Verfälschung der Bibel im Koran nicht erhoben wird. Vielleicht können unsere Gedanken auch Muslimen eine Hilfe sein, die angeführten Stellen in ihrem Zusammenhang neu zu durchdenken. Wir freuen uns auch über jeden konstruktiven Beitrag zu diesem Thema.

Wir haben verschiedene Stellen des Koran in drei Gruppen eingeteilt: Zuerst bringen wir
a) Stellen über die Unabänderlichkeit des Wortes Gottes, danach
b) Stellen, wo es scheint, dass der Vorwurf einer Abänderung und Verfälschung der Schrift erhoben wird, und anschließend
c) direkte Aussagen über das Evangelium (Indschil).
Abschließend wollen wir über
d) Konsequenzen für uns heute nachdenken.

Wir werden uns hier vor allem auf die Beschäftigung mit den Koranstellen beschränken. Wir möchten nur ergänzend auf die Überlieferung der Bibel, vor allem des Neuen Testaments in zahlreichen Handschriften hinweisen, die schon Jahrhunderte vor der Niederschrift des Korans existiert haben. So enthält etwa der Papyrus 66 aus dem zweiten Jahrhundert das gesamte Johannesevangelium. Alle heutigen Bibelausgaben beruhen auf Handschriften, die vor dem 7. Jahrhundert geschrieben wurden. Deswegen kann auch nicht gesagt werden, dass die Bibel zwar zur Zeit Mohammeds noch unverfälscht war, aber später verändert wurde.

a) Das Wort Gottes kann nicht abgeändert werden

“Der Lüge wurden schon vor dir Gesandte geziehen. Und sie ertrugen es mit Geduld, dass sie der Lüge geziehen wurden und dass ihnen Leid zugefügt wurde, bis unsere Unterstützung zu ihnen kam. Niemand wird die Worte Gottes abändern können. Zu dir ist doch etwas vom Bericht über die Gesandten gekommen.” (Sure 6,34)

“Und das Wort deines Herrn hat sich in Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit erfüllt. Niemand kann seine Worte abändern. Er ist der, der alles hört und weiß.” (Sure 6,115)

“Ihnen gilt die frohe Botschaft im diesseitigen Leben und im Jenseits. Unabänderlich sind die Worte Gottes. Das ist der großartige Erfolg.” (Sure 10,64)

“Und verlies, was dir vom Buch deines Herrn offenbart worden ist. Niemand wird seine Worte abändern können. Und du wirst außer Ihm keine Zuflucht finden.” (Sure 18,27)

Bei allen vier Stellen spricht der unmittelbare Zusammenhang über den Koran und nicht über die Bibel. In Sure 6,34 jedoch werden auch die früheren Gesandten1 erwähnt, es geht hier also auch um Mose und Jesus.

Die Aussagen über die Unabänderlichkeit des Wortes Gottes sind in diesen Versen so absolut formuliert, dass sie nicht nur Aussagen über den Koran sein wollen, sondern jede Offenbarung Gottes betreffen. Daher gilt das auch für die Offenbarung Gottes, die wir in den Schriften der Bibel finden, die der Koran ja als Offenbarungsschriften akzeptiert.

Wenn wir das Neue Testament lesen, so können wir erkennen, wie sich in vielen Fällen das Wort des Alten Testaments in Jesus und in der Gemeinde seiner Jünger in Wahrheit und Gerechtigkeit erfüllt hat (wie es in Sure 6,115 ausgedrückt ist).

b) Zum Thema Abänderung und Verfälschung des Wortes

“Erhofft ihr etwa, dass sie mit euch glauben, wo doch ein Teil von ihnen das Wort Gottes hörte, es aber dann wissentlich entstellte, nachdem er es verstanden hatte?” (Sure 2,75)

Der Zusammenhang dieser Stelle ist nicht einfach zu erfassen. In den Versen 67-71 geht es um eine Kuh, die die Israeliten auf Befehl des Mose schächten sollten, wobei sie aber diesem Befehl offensichtlich nicht gehorchen wollten. Nachdem ein Erschlagener mit einem Stück von der Kuh geschlagen wurde, wird Gott dafür gelobt, dass er die Toten wieder lebendig macht (Verse 72-73), danach heißt es in Vers 74: Nach diesem Geschehen verhärteten sich eure Herzen, sodass sie wie Steine waren oder noch härter. Dann wird aber noch darüber geschrieben, dass es verschiedene Steine gibt, welche, die sich spalten, sodass Wasser aus ihnen hervorkommt, und welche, die aus Ehrfurcht vor Gott herunterfallen. In diesem rätselhaften Zusammenhang ist es nicht so leicht zu sagen, wer diejenigen sind, denen in Vers 75 vorgeworfen wird, das Wort Gottes wissentlich entstellt zu haben. Es legt sich nahe, an Juden zu denken. Das wissentliche Entstellen des Wortes Gottes wäre, dass sie (in den Versen 68-70) so taten, als würden sie nicht verstehen, was Gott ihnen durch Mose sagen wollte. Ist dem so, dann ist hier nicht daran zu denken, dass den Juden die Verfälschung des Textes der Thora vorgeworfen würde, sondern dass sie das Wort nach dem Hören missachtet haben. Dieser Text zeugt sogar davon, dass die Thora Wort Gottes ist. Der Text spricht auch nur von einem Teil der Juden, nicht von allen. Von einer Verfälschung des Evangeliums kann in diesem Zusammenhang ohnehin keine Rede sein.

“Aber wehe denen, die das Buch mit ihren Händen schreiben und dann sagen: “Dies ist von Gott her”, um es für einen geringen Preis zu verkaufen! Wehe ihnen wegen dessen, was ihre Hände geschrieben haben, und wehe ihnen wegen dessen, was sie erwerben!” (Sure 2,79)

Der Zusammenhang dieser Stelle spricht von Zeitgenossen Mohammeds, die offensichtlich versuchten, eigene Werke als Wort Gottes zu verkaufen. In Vers 80 werden sie direkt angesprochen “Oder sagt ihr über Gott, was ihr nicht wisst?” Es geht hier nicht um ein Ereignis vor der Zeit Mohammeds. Da unsere Bibelausgaben auf Handschriften beruhen, die Jahrhunderte vorher geschrieben worden sind, kann dieser Vorwurf nicht die Bibel betreffen.

“Diejenigen, denen Wir das Buch zukommen ließen, kennen es, wie sie ihre Söhne kennen. Aber ein Teil von ihnen verschweigt wissentlich die Wahrheit.” (Sure 2,146)

“Diejenigen, die verschweigen, was Wir an deutlichen Zeichen und Rechtleitung hinabgesandt haben, nachdem Wir es den Menschen im Buch deutlich gemacht haben, diese wird Gott verfluchen, und verfluchen werden sie auch die Fluchenden, Außer denen, die umkehren und Besserung zeigen und (alles) offenlegen. Denen wende Ich Mich gnädig zu. Ich bin der, der sich gnädig zuwendet, der Barmherzige.” (Sure 2,159-160)

“Eine Gruppe von den Leuten des Buches möchte euch gern in die Irre führen. Aber sie führen nur sich selbst in die Irre, und sie merken es nicht. O ihr Leute des Buches, warum verleugnet ihr die Zeichen Gottes, wo ihr sie selbst bezeugt? O ihr Leute des Buches, warum verkleidet ihr die Wahrheit mit dem Falschen und verschweigt die Wahrheit, wo ihr es wißt?” (Sure 3,69-71)

An diesen Stellen geht es um das Verschweigen der Wahrheit, wie es im Laufe der “Kirchengeschichte” durch religiöse Führer immer wieder geschehen ist. Es ist hier aber keine Rede von einer Manipulation am geschriebenen Wort. Sure 3,69 spricht auch nur von “einer Gruppe von den Leuten des Buches”, es betrifft also nicht alle “Leute des Buches”. Da aber alle “Leute des Buches” die selbe Bibel haben (Juden und Christen haben die selbe Thora, alle, die sich Christen nennen haben das selbe Neue Testament = Indschil), kann es hier nicht um eine Verfälschung des Textes gehen.

“Unter ihnen gibt es eine Gruppe, die ihre Zungen beim Lesen des Buches verdrehen, damit ihr meint, es gehöre zum Buch, während es nicht zum Buch gehört, und die sagen, es sei von Gott her, während es nicht von Gott kommt. Damit sagen sie gegen Gott eine Lüge aus, und sie wissen es.” (Sure 3,78)

Auch hier geht es nicht um den Vorwurf einer Verfälschung des geschriebenen Textes, sondern darum, dass jemand beim Vorlesen und bei der Erklärung eines Textes manipuliert hat.

“Unter denen, die Juden sind, entstellen einige den Sinn der Worte und sagen: “Wir hören, und wir gehorchen nicht”, und: “Höre zu, ohne dass du hören kannst”, und: “Achte auf uns” (raainaa); sie verdrehen dabei ihre Zungen und greifen die Religion an. Hätten sie gesagt: “Wir hören, und wir gehorchen”, und: “Höre”, und: “Schau auf uns” (unzurnaa), wäre es besser und richtiger für sie. Aber Gott hat sie wegen ihres Unglaubens verflucht, so glauben sie nur wenig.” (Sure 4,46)

Der Inhalt dieses Verses zeigt, dass es hier nicht um die Verfälschung des Textes der Thora geht, sondern es wird einigen Juden in ihrer Auseinandersetzung mit Mohammed oder Muslimen Unehrlichkeit und Verdrehung von Worten vorgeworfen. Es heißt hier, dass sie “ihre Zungen verdrehen”, also, dass sie etwas Falsches sagen, nicht aber, dass sie den geschriebenen Text der Schrift verfälschen.

“Gott nahm die Verpflichtung der Kinder Israels entgegen. Und Wir ließen aus ihren Reihen zwölf Vorgesetzte erstehen. Und Gott sprach: “Ich bin mit euch. Wenn ihr das Gebet verrichtet und die Abgabe entrichtet, an meine Gesandten glaubt und ihnen beisteht und Gott ein schönes Darlehn leiht, werde Ich euch eure Missetaten sühnen, und Ich werde euch in Gärten eingehen lassen, unter denen Bäche fließen. Wer von euch hierauf ungläubig wird, der ist vom rechten Weg abgeirrt.” 13 Weil sie aber ihre Verpflichtung brachen, haben Wir sie verflucht und ihre Herzen verstockt gemacht. Sie entstellen den Sinn der Worte. Und sie vergaßen einen Teil von dem, womit sie ermahnt worden waren. Und du wirst immer wieder Verrat von ihrer Seite erfahren – bis auf wenige von ihnen. Aber verzeih’ ihnen und lass es ihnen nach. Gott liebt die Rechtschaffenen. 14 Und von denen, die sagen: “Wir sind Christen”, nahmen Wir ihre Verpflichtung entgegen. Sie vergaßen einen Teil von dem, womit sie ermahnt worden waren. So erregten Wir unter ihnen Feindschaft und Hass bis zum Tag der Auferstehung. Gott wird ihnen kundtun, was sie zu machen pflegten. 15 O ihr Leute des Buches, unser Gesandter ist nunmehr zu euch gekommen, um euch vieles von dem, was ihr vom Buch geheimgehalten habt, deutlich zu machen und um vieles zu übergehen. Gekommen ist zu euch von Gott ein Licht und ein offenkundiges Buch […]” (Sure 5,12-15)

Hier wird den Kindern Israels vorgeworfen, dass sie (a) den Sinn der Worte entstellten und (b) einen Teil von dem, womit sie ermahnt worden waren, vergaßen. Denen, die sich Christen nennen, wird nur vorgeworfen, dass sie einen Teil von dem, womit sie ermahnt worden waren, vergaßen, nicht aber, dass sie die Schrift verfälscht haben.

Es ist auch im Fall der “Kinder Israels” nicht klar, was mit dem Entstellen des Sinns der Worte gemeint ist. Diese Formulierung lässt eher daran denken, dass den Juden eine falsche Interpretation vorgeworfen wird, als eine Verfälschung des Textes. Ähnlich kann auch das “Vergessen” eines Teils der Ermahnung verstanden werden. Das Wort “vergessen” weist doch eher in die Richtung, dass Teile der Ermahnung nicht mehr ernst genommen wurden, nicht aber, dass sie aus dem Text gestrichen wurden.

Da denen, die sich Christen nennen, nicht Verfälschung, sondern nur “Vergessen” vorgeworfen wird, kann auch die für die Christen negativste Interpretation nur meinen, dass manche Teile des Evangeliums getilgt wurden, aber nicht, dass der bestehende Text verfälscht wurde. Die existierenden Teile des Neuen Testaments sind also auf jeden Fall als echt anzuerkennen. Aber es legt sich nicht nahe, das “Vergessen” als Tilgen des Textes zu verstehen, sondern als ein stillschweigendes Ignorieren von wichtigen Aussagen. Auch wenn Vers 15 vom “Geheimhalten” spricht, setzt das voraus, dass die geheim gehaltene Information noch existiert. Auch diese Koranverse sagen also nicht, dass Christen die Schrift verfälscht haben.

“O Gesandter, lass dich nicht durch die betrüben, die im Unglauben miteinander wetteifern, aus den Reihen derer, die mit dem Mund sagen: “Wir glauben”, während ihre Herzen nicht glauben. Unter denen, die Juden sind, gibt es welche, die auf Lügen hören und auf andere Leute, die nicht zu dir gekommen sind, hören. Sie entstellen den Sinn der Worte und sagen: “Wenn euch dies gebracht wird, nehmt es an; wenn es euch aber nicht gebracht wird, dann seid auf der Hut.” Wen Gott der Versuchung preisgeben will, für den vermagst du gegen Gott überhaupt nichts auszurichten. Das sind die, deren Herzen Gott nicht rein machen will. Bestimmt ist für sie im Diesseits Schande und im Jenseits eine gewaltige Pein. 42 Sie hören auf Lügen, und sie verzehren unrechtmäßig erworbenes Gut. Wenn sie zu dir kommen, so urteile zwischen ihnen oder wende dich von ihnen ab. Wenn du dich von ihnen abwendest, werden sie dir nichts schaden; wenn du urteilst, dann urteile zwischen ihnen nach Gerechtigkeit. Gott liebt die, die gerecht handeln. 43 Wie können sie dich zum Schiedsrichter machen, wo sie doch die Thora besitzen, in der das Urteil Gottes enthalten ist, und sich hierauf nach alledem abkehren? Diese sind keine (richtigen) Gläubigen. 44 Wir haben die Thora hinabgesandt, in der Rechtleitung und Licht enthalten sind, damit die Propheten, die gottergeben waren, für die, die Juden sind, (danach) urteilen, und so auch die Rabbiner und die Gelehrten, aufgrund dessen, was ihnen vom Buche Gottes anvertraut wurde und worüber sie Zeugen waren. So fürchtet nicht die Menschen, sondern fürchtet Mich. Und verkauft nicht meine Zeichen für einen geringen Preis. Diejenigen, die nicht nach dem urteilen, was Gott herabgesandt hat, das sind die Ungläubigen. 45 Und wir haben ihnen darin vorgeschrieben: Leben um Leben, Auge um Auge, Nase um Nase, Ohr um Ohr, Zahn um Zahn; und auch für Verwundungen gilt die Wiedervergeltung. Wer aber dies als Almosen erlässt, dem ist es eine Sühne. Diejenigen, die nicht nach dem urteilen, was Gott herabgesandt hat, das sind die, die Unrecht tun.” (Sure 5,41-45)

Der Zusammenhang dieser Verse zeigt klar, dass, obwohl den Juden vorgeworfen wird, den Sinn der Worte zu entstellen, hier nicht eine Verfälschung des Textes der Thora gemeint ist. Es wird von der Thora klar gesagt, dass in ihr das Urteil Gottes, Rechtleitung und Licht enthalten sind. Da die Thora sich seit Mohammed nicht verändert hat, müssen wir davon ausgehen, dass wir auch in der jetzigen Thora das Urteil Gottes, Rechtleitung und Licht finden. Der Vorwurf, “den Sinn der Worte zu entstellen”, kann also nur eine falsche Interpretation meinen.

“Die Zurückgelassenen werden, wenn ihr auszieht, um Beute zu machen, sagen: “Lasst uns euch folgen.” Sie möchten gern die Worte Gottes abändern. Sprich: “Ihr dürft uns nicht folgen. So hat Gott schon vorher gesprochen.” Sie werden sagen: “Nein, aber ihr hegt Neid uns gegenüber.” Nein, sie begreifen ja nur wenig.” (Sure 48,15)

Hier geht es weder um Juden noch um Christen, sondern um Menschen aus dem näheren Umfeld Mohammeds, die sich gerne an einem der Beutezüge seiner Anhänger beteiligt hätten. Dieser Text ist daher für unsere Fragestellung nicht relevant.

Exkurs: Verfälschung durch Übersetzung?

Gott liebt alle Menschen in gleicher Weise. Deswegen will er auch, dass alle Menschen sein Wort hören und verstehen können. Andererseits ist auch klar, dass wenn Gott einen Propheten oder Gesandten sendet, dieser Gesandte ein konkreter Mensch ist, der zu einem konkreten Volk gehört und auch eine konkrete Sprache spricht. Über Jesus sagt der Koran ganz klar, dass er ein Zeichen für alle Menschen ist:

“Und (erwähne) die, die ihre Scham unter Schutz stellte2. Da bliesen Wir in sie von unserem Geist, und Wir machten sie und ihren Sohn zu einem Zeichen für die Weltenbewohner.” (Sure 21,91)

Also sollen alle Menschen die Möglichkeit haben, dieses Zeichen kennenzulernen, auch wenn sie nicht die Sprache Jesu sprechen.

Auch Jesus selbst hat seine Jünger zu allen Völkern gesandt, damit sie seine Worte hören und daran glauben:

“Geht nun hin und macht alle Nationen zu Jüngern, […] 20 und lehrt sie alles zu bewahren, was ich euch geboten habe! Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters.” (Matthäus 28,19-20)

Um alle Menschen zu erreichen, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder alle Menschen lernen die Sprache, in der etwas offenbart wurde, oder die Offenbarung wird übersetzt. Da die Offenbarung in verschiedenen Sprachen erfolgt ist, würde das bedeuten, das alle Menschen mehrere Sprachen lernen müssten. Ein Muslim ist angehalten, an alle heiligen Bücher zu glauben3. Er müsste also neben der arabischen Sprache auch noch die hebräische Sprache lernen, um die Thora lesen zu können, und Griechisch, um das Evangelium lesen zu können. Aber so weit wir wissen, hat selbst Mohammed keinerlei Versuch unternommen, die biblischen Sprachen zu lernen.

Die Christen haben von Anfang an den anderen Weg gewählt. Sie haben die Worte Jesu in der Sprache niedergeschrieben, die zu ihrer Zeit von den meisten Menschen verstanden wurde, auf Griechisch, obwohl Jesus Aramäisch gesprochen hat.

Auch der Koran zitiert mitunter Worte Gottesmänner früherer Zeiten wie Abraham (z.B. Sure 19,42-48), Josef (z.B. Sure 12,4), Mose (z.B. Sure 2,54), Zacharias (z.B. Sure 3,37-40) oder Jesus (z.B. Sure 19,30-33). Er zitiert diese früheren Gesandten aber nicht in den von ihnen gesprochenen Sprachen (Hebräisch bzw. Aramäisch), sondern auf Arabisch, eine Sprache, die diese Gottesmänner nicht gesprochen haben. Also befinden sich auch im Koran übersetzte Texte. Wenn im Koran betont wird, dass er auf Arabisch hinabgesandt wurde, dann nicht deswegen, weil das seine “Ursprache” ist, sondern deswegen, damit die arabisch sprechenden Menschen ihn verstehen und durch ihn gewarnt werden:

“Wir haben es als einen arabischen Koran hinabgesandt, auf dass ihr verständig werdet.” (Sure 12,2)

“Und so haben Wir ihn als einen arabischen Koran hinabgesandt. Und Wir haben darin verschiedene Drohungen dargelegt, auf daß sie gottesfürchtig werden oder er ihnen eine Ermahnung bringe.” (Sure 20,113)

Wenn der Allmächtige seinen Willen kundtut, wenn er alle Menschen zu sich ruft, dann kann er das mit so klaren Worten tun, dass seine Botschaft durch eine Übersetzung nicht verfälscht werden kann. Natürlich kann eine Übersetzung nie alle Feinheiten eines Textes wiedergeben, aber wir alle wissen, dass es möglich ist, mit Menschen anderer Sprache mit Hilfe von Übersetzung zu kommunizieren. Jemand, der eine Sprache nur als Zweitsprache gelernt hat, wird normalerweise nicht fähig sein, alle Nuancen eines Textes in der Fremdsprache zu verstehen. Also wird auch jemand, der Hebräisch, Griechisch oder Arabisch lernt, nicht in der Lage sein, alle Feinheiten des Urtexts der Bibel oder des Korans zu verstehen. Die Grundbotschaft der betreffenden Bücher ist aber aus einem übersetzten Text auch klar verständlich.

Es ist leider vorgekommen, dass es Bibelübersetzungen gab und gibt, die bewusst manipuliert wurden. Doch Gott hat dafür gesorgt, dass zahlreiche alte Manuskripte erhalten geblieben sind, durch welche der Urtext nach wie vor zugänglich ist und falsche Übersetzungen aufgedeckt werden können. Gott hat auch dafür gesorgt, dass wichtige Glaubensinhalte nicht nur an einer einzigen Stelle der Heiligen Schrift zu finden sind und auch auf verschiedenste Weise ausgedrückt werden, sodass auch eine manipulierende Übersetzung nicht so einfach die Wahrheit des Wortes Gottes verdecken kann.

c) Aussagen über das Evangelium

“Er hat auf dich das Buch mit der Wahrheit herabgesandt als Bestätigung dessen, was vor ihm vorhanden war. Und Er hat die Thora und das Evangelium herabgesandt.” (Sure 3,3)

Dieser Text drückt klar aus, dass Thora und Evangelium von Gott stammen. Von einer Verfälschung ist nicht die Rede.

“Und Er wird ihn lehren das Buch, die Weisheit, die Thora und das Evangelium.” (Sure 3,48)

Es geht hier darum, dass Gott Jesus lehren wird. Wenn hier die Thora und das Evangelium erwähnt sind, dann legt sich für einen unvoreingenommenen Leser nahe, dass hier mit Thora und Evangelium das gemeint ist, was zur Zeit Mohammeds allgemein als Thora und Evangelium bekannt war.

“Und Wir ließen nach ihnen Jesus, den Sohn Marias, folgen, damit er bestätige, was von der Thora vor ihm vorhanden war. Und Wir ließen ihm das Evangelium zukommen, das Rechtleitung und Licht enthält und das bestätigt, was von der Thora vor ihm vorhanden war, und als Rechtleitung und Ermahnung für die Gottesfürchtigen. 47 Die Leute des Evangeliums sollen nach dem urteilen, was Gott darin herabgesandt hat. Und diejenigen, die nicht nach dem urteilen, was Gott herabgesandt hat, das sind die Frevler.” (Sure 5,46-47)

Dieser Text setzt klar voraus, dass das zur Zeit der Niederschrift des Koran existierende Evangelium authentisch ist. Es enthält Rechtleitung und Licht. Wenn die “Leute des Evangeliums” nach dem Evangelium urteilen sollen, muss das Evangelium, das diese Leute haben, echt und verlässlich sein. Diese Stelle bestätigt die Unverfälschtheit des Evangeliums zur Zeit Mohammeds, das heißt auch zu unserer Zeit, da unsere modernen Ausgaben auf Handschriften beruhen, die bereits Jahrhunderte vor Mohammed existierten.

“Und würden sie die Thora und das Evangelium und das, was zu ihnen von ihrem Herrn herabgesandt wurde, einhalten, sie würden von oben und unter ihren Füßen zu essen bekommen. Unter ihnen gibt es eine Gemeinde mit maßvollem Wandel. Was aber viele von ihnen betrifft, so ist schlimm, was sie tun.” (Sure 5,66)

Es wird hier von Zeitgenossen Mohammeds erwartet, dass sie die Thora und das Evangelium einhalten. Also mussten diese Menschen Thora und Evangelium in ihrem ursprünglichen, unverfälschten Zustand kennen. Sonst hätten sie diese Schriften nicht einhalten können. Daher setzt auch diese Stelle voraus, dass Thora und Evangelium zur Zeit Mohammeds unverfälscht waren, und es, wie bereits erklärt wurde, auch heute noch sein müssen. Das gilt auch für die folgende Stelle:

“Sprich: O ihr Leute des Buches, ihr entbehrt jeder Grundlage, bis ihr die Thora und das Evangelium und das, was zu euch von eurem Herrn herabgesandt wurde, einhaltet. Und was von deinem Herrn zu dir herabgesandt wurde, wird sicher bei vielen von ihnen das Übermaß ihres Frevels und den Unglauben noch mehren. So sei nicht betrübt über die ungläubigen Leute.” (Sure 5,68)

“Dann ließen Wir nach ihnen unsere Gesandten folgen. Und Wir ließen Jesus, den Sohn Marias, folgen und ihm das Evangelium zukommen. Und Wir setzten in die Herzen derer, die ihm folgten, Mitleid und Barmherzigkeit, und auch Mönchtum, das sie erfanden – Wir haben es ihnen nicht vorgeschrieben -, dies nur im Trachten nach dem Wohlgefallen Gottes. Sie beobachteten es jedoch nicht in der rechten Weise. Und so ließen Wir denjenigen von ihnen, die glaubten, ihren Lohn zukommen. Aber viele von ihnen waren Frevler.” (Sure 57,27)

Auch an dieser Stelle erscheint das Evangelium nicht als eine “historische Größe”, als etwas, das es früher einmal gab, und in der Zwischenzeit verloren gegangen ist oder verfälscht wurde, sondern als eine Realität, die in den Herzen derer, die Jesus folgen, Mitleid und Barmherzigkeit bewirkt. Auch wenn viele derer, die sich “Christen” nennen, nicht nur in den Augen des Koran, sondern noch viel mehr nach dem Urteil des Evangeliums Frevler sind, so gibt es doch Menschen, die Jesus von Herzen und mit ihrem ganzen Leben folgen. Auch an ihnen zeigt sich die Kraft und Unverfälschtheit des Evangeliums.

“Darum, da wir diesen Dienst haben, weil wir ja Erbarmen gefunden haben, ermatten wir nicht; sondern wir haben den geheimen Dingen, deren man sich schämen muss, entsagt und wandeln nicht in Arglist, noch verfälschen wir das Wort Gottes, sondern durch die Offenbarung der Wahrheit empfehlen wir uns jedem Gewissen der Menschen vor Gott.” (2 Korinther 4,1-2)

Diese Menschen, die die Worte Jesu in ihrem Leben Wirklichkeit werden lassen, werden vom Koran “Besitzer der Ermahnung” genannt. Der Koran fordert die Muslime auf, diese Besitzer der Ermahnung zu fragen:

“Und Wir haben vor dir nur Männer gesandt, denen Wir Offenbarungen eingegeben haben. So fragt die Besitzer der Ermahnung, wenn ihr nicht Bescheid wißt.” (Sure 21,7)

Das heißt doch auch, dass diese Ermahnung, die sie erhalten haben, noch unverfälscht erhalten ist.

d) Konsequenzen für uns heute

Da der Koran keine Grundlage für die These einer Verfälschung der Heiligen Schrift durch die Christen liefert, sondern vielmehr bestätigt, dass wir im Evangelium Rechtleitung und Licht finden, wollen wir alle unsere Leser – Muslime und Nichtmuslime – ermuntern, die Scheu vor dem Evangelium abzulegen und ihre Herzen für das Licht, das uns Jesus gebracht hat, zu öffnen. Jeder, der die Wahrheit liebt, wird dankbar erkennen, dass Jesus recht hatte, wenn er sagte:

“Der Himmel und die Erde werden vergehen, meine Worte aber werden nicht vergehen.” (Markus 13,31)

Wenn Jesus, wie Muslime glauben, ein Prophet Gottes ist, dann sorgt Gott dafür, dass sich dieses Wort bewahrheitet. Wären die Worte Jesu verfälscht worden, dann hätte Jesus in Markus 13,31 eine falsche Prophetie ausgesprochen. Er wäre ein falscher Prophet. Dann wären sowohl das Christentum als auch der Islam, die beide Jesus als Propheten und Gesandten Gottes anerkennen, menschliches Machwerk. Wenn Jesus wirklich Gottes Prophet war, sind seine Worte unverfälscht erhalten geblieben und werden niemals vergehen.

“Die Worte, die ich zu euch geredet habe, sind Geist und sind Leben.” (Johannes 6,63)

“Wenn jemand seinen (= Gottes) Willen tun will, so wird er von der Lehre wissen, ob sie aus Gott ist oder ob ich aus mir selbst rede.” (Johannes 7,17)

“Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn jemand mein Wort bewahren wird, so wird er den Tod nicht sehen in Ewigkeit.” (Johannes 8,51)

Jeder, der die Worte Jesu liest, gläubig aufnimmt, und sein Leben von ihnen erneuern lässt, wird in ihnen die Worte Gottes erkennen und gemeinsam mit Simon Petrus bekennen:

“Herr, zu wem sollten wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens.” (Johannes 6,68)


  1. Ein Gesandter ist nach islamischem Verständnis ein von Gott auserwählter Mensch, der eine Offenbarung von ihm empfing und beauftragt wurde, diese öffentlich an die Menschen zu verkünden. Jeder Gesandte empfing im Gegensatz zu den Propheten eine Offenbarungsschrift. Jeder Gesandte ist automatisch auch ein Prophet, aber nicht jeder Prophet ein Gesandter. Es handelt sich hierbei vor allem um Mose, David und Jesus, deren Worte wir in den Schriften des Alten (islamisch: Taurat) und Neuen Testaments (islamisch: Indschil) finden. 
  2. Maria, die Mutter Jesu 
  3. Das ist die sogenannte 3. Säule des Iman, die ihren Grund in folgendem Koranvers hat:
    “Sprecht: Wir glauben an Gott und an das, was zu uns herabgesandt wurde, und an das, was herabgesandt wurde zu Abraham, Ismael, Isaak, Jakob und den Stämmen, und an das, was Mose und Jesus zugekommen ist, und an das, was den (anderen) Propheten von ihrem Herrn zugekommen ist. Wir machen bei keinem von ihnen einen Unterschied. Und wir sind Ihm ergeben.” Sure 2,136