“Und weil sie sagten: “Wir haben Christus Jesus, den Sohn Marias, den Gesandten Gottes, getötet.” – Sie haben ihn aber nicht getötet, und sie haben ihn nicht gekreuzigt, sondern es erschien ihnen eine ihm ähnliche Gestalt. Diejenigen, die über ihn uneins sind, sind im Zweifel über ihn. Sie haben kein Wissen über ihn, außer dass sie Vermutungen folgen. Und sie haben ihn nicht mit Gewissheit getötet, sondern Gott hat ihn zu sich erhoben. Gott ist mächtig und weise.” (Sure 4,157-158)
Dieser Text aus dem Koran stellt uns einen der wesentlichen Unterschiede zwischen Islam und Christentum vor Augen. Wurde Jesus, wie wir Christen glauben, gekreuzigt und getötet, oder hat ihn Gott, wie Muslime glauben, auf wunderbare Weise vor dem Tod bewahrt?
Dieser Text zeigt aber auch eine große Gemeinsamkeit mit dem Christentum. Er spricht über die Erhöhung Jesu zu Gott und setzt voraus, dass Jesus jetzt in der Gegenwart Gottes lebt.
Wir möchten uns mit diesen beiden Fragen, die Muslime und Christen sowohl verbinden als auch trennen, beschäftigen und so eine Hilfe zur Erkenntnis der von Gott offenbarten Wahrheit bieten. Da im Gespräch zwischen Christen und Muslimen die Frage des Todes und der Auferstehung Jesu eine sehr zentrale Position einnimmt, versuchen wir hier, uns etwas eingehender damit zu beschäftigen. Wir bitten daher unsere Leser um Geduld und vor allem um die Bereitschaft, unsere Gedanken nachzuvollziehen und sorgsam zu prüfen. Die Suche nach der Wahrheit verlangt Zeit und Hingabe.
Wir wollen mit dem Punkt beginnen, der uns miteinander verbindet:
1 Die Erhöhung Jesu
1.1 Verheißen im Alten Testament
Die Aussage von Sure 4,158, dass Gott Jesus zu sich erhoben hat, hat ihren Ursprung in der Offenbarung Gottes im Alten Testament.
Im ersten Buch Samuel finden wir den Lobgesang der Hanna:
“Und Hanna betete und sprach:
Mein Herz jauchzt in dem HERRN, mein Horn ist erhöht in dem HERRN. Mein Mund hat sich weit aufgetan gegen meine Feinde, denn ich freue mich über deine Hilfe.
Keiner ist so heilig wie der HERR, denn außer dir ist keiner. Und kein Fels ist wie unser Gott.
Häuft nicht Worte des Stolzes, noch gehe Freches aus eurem Mund hervor! Denn der HERR ist ein Gott des Wissens, und von ihm werden die Taten gewogen.
Der Bogen der Helden ist zerbrochen, und die Stürzenden haben sich mit Kraft umgürtet.
Die satt waren, müssen um Brot dienen, und die Hunger litten, brauchen es nicht mehr. Sogar die Unfruchtbare hat sieben geboren, und die viele Kinder hatte, welkt dahin.
Der HERR tötet und macht lebendig; er führt in den Scheol hinab und wieder herauf.
Der HERR macht arm und macht reich; er erniedrigt und erhöht.
Er hebt den Geringen aus dem Staub empor, aus dem Schmutz erhöht er den Armen, um ihn unter die Edlen zu setzen; und den Thron der Ehre lässt er sie erben. Denn dem HERRN gehören die Säulen der Erde, und auf sie hat er den Erdkreis gestellt.
Die Füße seiner Frommen behütet er, aber die Gottlosen kommen um in Finsternis; denn niemand ist stark durch eigene Kraft.
Die mit dem HERRN rechten, werden niedergeschlagen werden, im Himmel wird er über ihnen donnern. Der HERR wird richten die Enden der Erde. Er wird seinem König Macht verleihen und erhöhen das Horn seines Gesalbten.” (1 Samuel 2,1-10)
Dieses Lobgebet spricht unter anderem über die Macht Gottes über Leben und Tod, auch über die Macht, die er seinem Gesalbten, dem König Israels, geben wird. Im Hintergrund dieser Prophetie findet sich bereits der wahre König Israels, der Messias, Jesus von Nazareth.
Dasselbe Thema finden wir auch in Psalm 89 angesprochen:
“Damals redetest du in einer Vision zu deinen Frommen und sagtest: Hilfe habe ich auf einen Helden gelegt, ich habe einen Auserwählten erhöht aus dem Volk. Ich habe David gefunden, meinen Knecht. Mit meinem heiligen Öl habe ich ihn gesalbt.” (Psalm 89,20-21)
Dieser Psalm spricht über Gottes Verheißung an David, den Gott sich aus dem Volk “erhöht” hat, ihn zum König gesalbt hat. Diese Verheißung hat ihre volle Erfüllung in dem “Gesalbten”, im Messias Jesus gefunden.
Psalm 110 spricht darüber, dass Gott seinen Gesalbten zu seiner Rechten sitzen lässt, was die Erhöhung des Messias einschließt:
“Spruch des HERRN für meinen Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde gemacht habe zum Schemel deiner Füße!” (Psalm 110,1)
Weiters finden wir im Buch des Propheten Jesaja einen Abschnitt (52,13-53,12), der über das Leiden und den Tod des Knechtes Gottes spricht. Doch bevor dieser nicht immer leicht verständliche Text über den Tod des Knechtes spricht, weist er auf seine Erhöhung hin:
“Siehe, mein Knecht wird einsichtig handeln. Er wird erhoben und erhöht werden und sehr hoch sein.” (Jesaja 52,13)
Aber auch am Ende dieses Abschnittes wird seine Erhöhung mit anderen Worten ausgedrückt:
“Darum will ich ihm die Vielen zum Anteil geben, und er wird Starke zum Raub erhalten, dafür, dass er seine Seele dem Tod preisgegeben hat und sich unter die Übeltäter zählen ließ und die Sünde vieler getragen und für die Übeltäter gebetet hat.” (Jesaja 53,12 – Schlachter 2000)
Am besten verstehen wir diesen Text so, dass im Einleitungsvers 52,13 schon das Ende ausgedrückt wird, sodass dem Leser immer vor Augen steht, dass das Leiden und der Tod nicht das Ende sind, sondern dass die Erniedrigung des Knechtes durch seine endgültige Erhöhung überwunden werden wird.
1.2 Erfüllt im Neuen Testament
Jesus sprach mehrmals über seine Erhöhung:
“Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöhte, so muss der Sohn des Menschen erhöht werden, damit jeder, der an ihn glaubt, ewiges Leben habe.” (Johannes 3,14-15)
Jesus bezog sich hier auf eine Situation, als die Israeliten nach ihrem Auszug aus Ägypten in der Wüste als Strafe für ihre Rebellion gegen Gott mit Schlangen bestraft wurden und Gott ihnen durch den Blick auf eine erhöhte Schlange aus Bronze Rettung von den tödlichen Bissen schenken wollte. Jesus sprach davon, dass er erhöht werden wird, damit jeder, der auf ihn im Glauben schaut, gerettet werde und ewiges Leben habe.
“Da sprach Jesus zu ihnen: Wenn ihr den Sohn des Menschen erhöht haben werdet, dann werdet ihr erkennen, dass ich es bin und dass ich nichts von mir selbst tue, sondern wie der Vater mich gelehrt hat, das rede ich.” (Johannes 8,28)
“Und ich, wenn ich von der Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen.” (Johannes 12,32)
An diesen beiden Stellen spricht Jesus über die Konsequenzen seiner Erhöhung. Einerseits wird offenbar werden, “dass ich [es] bin” – griechisch “ego eimi”. Es geht hier nicht darum, dass die Menschen erkennen, dass Jesus existiert, sondern, dass sie ihn in der Stellung erkennen, die er vor Gott hat. Der Ausdruck “ego eimi” ist entweder ein Hinweis auf den Gottesnamen “JHWH” wie in Exodus 3,14 oder Jesus greift eine Stelle aus Jesaja 43,10 auf.
Andererseits sagt Jesus auch, dass er alle zu sich ziehen wird. Er ist derjenige, durch den die Menschen Gott erkennen und finden können. Er ist so hoch erhaben, dass er alle Menschen rufen und zum Vater führen kann.
“Nachdem er nun durch die Rechte Gottes erhöht worden ist und die Verheißung des Heiligen Geistes vom Vater empfangen hat, hat er dieses ausgegossen, was ihr seht und hört.” (Apostelgeschichte 2,33)
Nach der Erhöhung Jesu hat dieser den Heiligen Geist seinen Jüngern gegeben, in denen der Geist Gottes ein neues Leben in Heiligkeit und Reinheit bewirkt.
“Habt diese Gesinnung in euch, die auch in Christus Jesus war, der in Gestalt Gottes war und es nicht für einen Raub hielt, Gott gleich zu sein. Aber er machte sich selbst zu nichts und nahm Knechtsgestalt an, indem er den Menschen gleich geworden ist, und der Gestalt nach wie ein Mensch befunden, erniedrigte er sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz. Darum hat Gott ihn auch hoch erhoben und ihm den Namen verliehen, der über jeden Namen ist, damit in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge bekenne, dass Jesus Christus Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.” (Philipper 2,5-11)
Paulus bezeugt in seinem Brief an die Gemeinde der Gläubigen in Philippi, dass Jesus von seinem Vater so hoch erhoben wurde, dass er über allem Geschaffenen steht. Alle beugen ihre Knie vor ihm und alle bekennen ihn als ihren Herrn.
1.3 Bezeugt im Koran
“[…] sondern Gott hat ihn zu sich erhoben. […]” (Sure 4,158)
Diese Stelle bezeugt nur die Tatsache der Erhöhung Jesu, beschäftigt sich aber nicht näher damit, was sie bedeutet. Eines ist aber klar: Jesus ist nicht tot. Er lebt und er ist bei Gott – viele Muslime glauben, auch mit seinem Leib.
Jesus wurde nicht ins Paradies versetzt, auch nicht wie Idris (=Henoch) “an einen hohen Ort erhoben” (Sure 19,56-57). Er befindet sich auch nicht in einem der unteren Himmel. Jesus ist bei Gott.
“Als Gott sprach: “O Jesus, Ich werde dich abberufen und zu Mir erheben und dich von denen, die ungläubig sind, rein machen. Und Ich werde diejenigen, die dir folgen, über die, die ungläubig sind, stellen bis zum Tag der Auferstehung. Dann wird zu Mir eure Rückkehr sein, und Ich werde zwischen euch über das urteilen, worüber ihr uneins waret.” (Sure 3,55)
Auch diese Stelle bezeugt die Erhöhung Jesu zu Gott, welche als Reinigung von den Ungläubigen bezeichnet wird. Jesus, der Sündenlose und Heilige, hat keinen Platz unter den Ungläubigen. Sein Platz ist bei Gott.
Beachtenswert ist hier auch noch die Aussage über die, die Jesus folgen, dass Gott sie bis zum Tag der Auferstehung über die, die ungläubig sind, stellen wird. Da wir Christen kein politisches Reich errichten, kann diese Aussage aus christlicher Sicht nur geistlich verstanden werden. Wir Christen sind insofern “über die Ungläubigen” gestellt, dass wir ihnen den Weg Gottes zeigen. Das ist unser Vorrecht und unser Auftrag. Wir sehen das aber nicht als ein Stehen über den anderen, sondern als unseren Dienst an ihnen.
2 Die Erniedrigung bis zum Tod
2.1 Angekündigt im Alten Testament
Die jüdische Erwartung des Messias war stark geprägt vom Bild eines machtvollen Königs, der die Übeltäter bestrafen und die gerechte Königsherrschaft Gottes auf der ganzen Welt aufrichten werde. Deswegen war es auch so schwer für viele Juden, selbst für die Jünger, Jesus zu verstehen.
Aber wir finden Worte in den Heiligen Schriften des Alten Testaments, die in eine andere Richtung weisen.
Wie schon im ersten Abschnitt erwähnt, spricht das Buch des Propheten Jesaja in 52,13-53,12 über die Erniedrigung und die Erhöhung des Knechtes Gottes. Hier nur ein Auszug aus diesem Text:
“[…] Denn er wurde abgeschnitten vom Lande der Lebendigen. Wegen des Vergehens seines Volkes hat ihn Strafe getroffen. Und man gab ihm bei Gottlosen sein Grab, aber bei einem Reichen ist er gewesen in seinem Tod, weil er kein Unrecht begangen hat und kein Trug in seinem Mund gewesen ist. Doch der HERR hatte Gefallen an seinem Zerschlagenen. Er ließ den erstarken, der sein Leben als Schuldopfer eingesetzt hatte. Er wird seine Tage verlängern. Und was dem HERRN gefällt, wird durch seine Hand gelingen.” (Jesaja 53,8-10)
Der Prophet spricht in “prophetischer Vergangenheit” darüber, dass der Knecht, den Gott zur Erlösung der Menschen senden wird, sterben wird. Aber sein Tod ist nicht das Ende. Er wird Nachkommen sehen und seine Tage verlängern, d. h., er wird auferstehen.
Im Buch des Propheten Sacharja finden wir zwei bemerkenswerte Stellen, die nicht leicht zu verstehen sind, die aber beide über den Tod eines Gerechten sprechen:
“Aber über das Haus David und über die Bewohnerschaft von Jerusalem gieße ich den Geist der Gnade und des Flehens aus, und sie werden auf mich blicken, den sie durchbohrt haben, und werden über ihn wehklagen, wie man über den einzigen Sohn wehklagt, und werden bitter über ihn weinen, wie man bitter über den Erstgeborenen weint.” (Sacharja 12,10)
Der Geist der Gnade und des Flehens, den Gott über das Volk Jerusalems ausgießt, führt dazu, dass sie auf einen Durchbohrten blicken werden. Im Anschluss an diese Trauer spricht der Prophet von einer Quelle gegen Sünde und Befleckung (Sacharja 13,1).
“Wach auf, Schwert, gegen meinen Hirten und gegen den Mann, der mein Gefährte ist, spricht der HERR der Heerscharen. Schlage den Hirten, dass die Schafe sich zerstreuen! Und ich werde meine Hand den Kleinen zuwenden.” (Sacharja 13,7)
Auch diese Stelle ist nicht leicht zu verstehen. Der Hirte, ein Mann, der ein Gefährte Gottes ist, wird geschlagen. Aber die Perspektive ist nicht hoffnungslos. Es wird einen geläuterten Rest geben, der den Namen Gottes anruft (Vers 9), Jesus selbst hat diese Stelle in Matthäus 26,31 auf sich bezogen. Er ist der Hirte, der geschlagen wurde, der aber auch auferstanden ist. Zuerst wurde die “Herde” seiner Jünger zerstreut. Aber als der Erhöhte hat er das Volk Gottes aus allen Völkern gesammelt.
In Psalm 116,15 lesen wir:
“Kostbar ist in den Augen des HERRN der Tod seiner Frommen.”
Die von vielen Gerechten gezeigte Bereitschaft, das eigene Leben hinzugeben, ist in den Augen Gottes wertvoll. Viele Gerechte und Propheten des Alten Testaments wurden von bösen Menschen wegen ihrer Treue zu Gott ermordet.
Beispielshaft seien hier Abel (Genesis 4,1-10), die Priester von Nob (1 Samuel 22,6-23), Nabot (1 Könige 21,1-16) und Sacharja (2 Chronik 24,18-22) genannt. Auch Johannes der Täufer (im Koran Yahya genannt) gab sein Leben als Zeuge für die Wahrheit (Matthäus 14,1-12). Ihr unschuldig vergossenes Blut weist auf den Gerechten Jesus hin, der als Einziger ohne Sünde war, und noch in einem viel größeren Ausmaß die Zielscheibe menschlicher Bosheit wurde.
2.2 Erfüllt im Neuen Testament
Der Tod Jesu Christi wird in den Schriften des Neuen Testaments so oft erwähnt, dass es unmöglich ist, alle Stellen anzuführen. Wir wollen uns hier auf einige wenige zentrale Stellen beschränken.
Jesus selbst hat wiederholt in prophetischer Weise über seinen Tod und die darauf folgende Auferstehung gesprochen, das erste Mal in Matthäus 16,21-23:
“Von der Zeit an begann Jesus seinen Jüngern zu zeigen, dass er nach Jerusalem hingehen müsse und von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten vieles leiden und getötet und am dritten Tag auferweckt werden müsse. Und Petrus nahm ihn beiseite und fing an, ihn zu tadeln, indem er sagte: Gott behüte dich, Herr! Dies wird dir keinesfalls widerfahren. Er aber wandte sich um und sprach zu Petrus: Geh hinter mich, Satan! Du bist mir ein Ärgernis, denn du sinnst nicht auf das, was Gottes, sondern auf das, was der Menschen ist.”
Menschlich gesehen war die Reaktion des Petrus völlig verständlich. Er wollte nicht, dass sein Herr, der Gesandte Gottes, die Schmach des Leides und Todes erdulden sollte. Jesus aber hat Petrus scharf zurechtgewiesen. Die Wege Gottes sind auf den ersten Blick für die Menschen nicht immer verständlich.
Lukas berichtet über eine Situation, als Jesus auf einem Berg mit den Propheten Mose und Elia über seinen Tod sprach:
“Und siehe, zwei Männer redeten mit ihm, es waren Mose und Elia. Diese erschienen in Herrlichkeit und besprachen seinen Ausgang, den er in Jerusalem erfüllen sollte.” (Lukas 9,30-31)
Mit seinem Ausgang (griechisch “Exodos”) ist sein Tod mit der darauffolgenden Auferstehung gemeint. Die größten Propheten des Alten Testament bezeugten im Gespräch mit Jesus seinen kommenden Tod. Jesus ist hier in Einheit mit den Propheten, die vor ihm gekommen sind.
Alle vier Evangelien berichten ausführlich über die Umstände des Leidens und des Todes Jesu. Wir wollen hier nur die Verse anführen, mit denen Johannes, der selber beim Kreuz stand, über den Tod Jesu schreibt:
“Danach, da Jesus wusste, dass alles schon vollbracht war, spricht er, damit die Schrift erfüllt würde: Mich dürstet! Es stand da ein Gefäß voll Essig. Sie legten nun einen Schwamm voller Essig um einen Ysop und brachten ihn an seinen Mund. Als nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! Und er neigte das Haupt und übergab den Geist. Die Juden nun baten den Pilatus, damit die Leiber nicht am Sabbat am Kreuz blieben, weil es Rüsttag war – denn der Tag jenes Sabbats war groß -, dass ihre Beine gebrochen und sie abgenommen werden möchten. Da kamen die Soldaten und brachen die Beine des ersten und des anderen, der mit ihm gekreuzigt war. Als sie aber zu Jesus kamen und sahen, dass er schon gestorben war, brachen sie ihm die Beine nicht, sondern einer der Soldaten durchbohrte mit einem Speer seine Seite, und sogleich kam Blut und Wasser heraus. Und der es gesehen hat, hat es bezeugt, und sein Zeugnis ist wahr; und er weiß, dass er sagt, was wahr ist, damit auch ihr glaubt.” (Johannes 19,28-35)
Diese Worte wurden von einem Mann geschrieben, der als Augenzeuge unmittelbar dabei war, als Jesus am Kreuz hing und starb. Er war auch kein gewöhnlicher Augenzeuge, er war einer der Jünger Jesu, die ihm am nächsten standen. Jesus kannte die Herzen derer, die er sich zu Jüngern erwählt hat. Er als Prophet sammelte solche Menschen um sich, die ehrlich und wahrheitsliebend waren, die auch bereit waren, ihr Leben für die Wahrheit hinzugeben. Dieser Jünger Johannes bezeugte ganz deutlich, dass Jesus gestorben ist. Johannes beobachtete das Geschehen auch nicht bloß aus der Ferne. Er stand gemeinsam mit Maria, der Mutter Jesu, beim Kreuz und Jesus sprach zu beiden.
“Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, des Klopas Frau, und Maria Magdalena. Als nun Jesus die Mutter sah und den Jünger, den er liebte, dabeistehen, spricht er zu seiner Mutter: Frau, siehe, dein Sohn! Dann spricht er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm der Jünger sie zu sich.” (Johannes 19,25-27)
Es war Jesus, der am Kreuz hing und zu seiner Mutter und zu seinem Jünger sprach, nicht Judas oder Simon von Kyrene! Nicht nur Johannes war ein Zeuge des Todes Jesu, auch seine Mutter Maria, die Jesus sicher mit niemand anderem verwechselt hätte.
Wie bereits im ersten Teil behandelt, war der Tod Jesu nicht das Ende. Jesus ist auferstanden! Nach der Auferstehung hatte Thomas, einer der Jünger Jesu, der nicht dabei war, als Jesus das erste Mal seinen Jüngern erschien, Zweifel an dem, was er von den anderen Jüngern gehört hatte. Im Johannesevangelium lesen wir dazu Folgendes:
“Thomas aber, einer von den Zwölfen, genannt Zwilling, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Da sagten die anderen Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen das Mal der Nägel sehe und meine Finger in das Mal der Nägel lege und lege meine Hand in seine Seite, so werde ich nicht glauben. Und nach acht Tagen waren seine Jünger wieder drinnen und Thomas bei ihnen. Da kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und trat in die Mitte und sprach: Friede euch! Dann spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott! Jesus spricht zu ihm: Weil du mich gesehen hast, hast du geglaubt. Glückselig sind, die nicht gesehen und doch geglaubt haben!” (Johannes 20,24-29)
Der Auferstandene, der Thomas erschienen ist, ist derselbe, der auch am Kreuz gestorben ist. Er ist auch derselbe, dem Thomas zuvor mehr als zwei Jahre nachgefolgt ist.
Der Tod Jesu am Kreuz war etwas, was keiner seiner Jünger gewollt hat. Der Kreuzestod hat ihrer Messiaserwartung und ihrem Bild von Jesus völlig widersprochen. Es ist daher absolut auszuschließen, dass die Berichte der Jünger über den Tod Jesu von ihnen erfunden wurden.
Als die Jünger nach der Auferstehung und Himmelfahrt Jesu in der jüdischen Öffentlichkeit verkündeten, dass Jesus der Messias sei, und die Menschen umkehren sollten, setzten sie voraus, dass in Jerusalem die Kreuzigung Jesu allgemein bekannt war. So sprach Petrus:
“Der Gott Abrahams und Isaaks und Jakobs, der Gott unserer Väter, hat seinen Knecht Jesus verherrlicht, den ihr überliefert und vor Pilatus verleugnet habt, als dieser entschieden hatte, ihn loszugeben. Ihr aber habt den Heiligen und Gerechten verleugnet und gebeten, dass euch ein Mörder geschenkt würde; den Fürsten des Lebens aber habt ihr getötet, den Gott aus den Toten auferweckt hat, wovon wir Zeugen sind.” (Apostelgeschichte 3,13-15)
Wäre Jesus nicht gekreuzigt worden, hätte diese Verkündigung keinen Sinn gemacht. Da für die Juden ein gekreuzigter Messias völlig undenkbar war, hätten die ersten Christen sich durch die Verkündigung eines als Verbrecher hingerichteten Erlösers ihre Aufgabe an den Juden unnötig schwer gemacht, wäre es nicht sonnenklar gewesen, dass Jesus tatsächlich am Kreuz gestorben ist.
2.3 Bestätigt von außerbiblischen Quellen
Nicht nur christliche Quellen schreiben klar und ohne irgendwelche Zweifel über die Tatsache des Todes Jesu am Kreuz. Auch Quellen, die dem Christentum kritisch oder ablehnend gegenüberstehen, bezeugen den Tod Jesu ganz klar.
So schreibt der römische Historiker Publius Cornelius Tacitus (ca. 56-117) in seinem Werk “Annalen” im Zusammenhang mit dem Brand Roms unter Nero (64) und der darauf folgenden Christenverfolgung:
“Um daher dies Gerede zu beenden, gab Nero denen, die wegen ihrer Schandtaten verhasst das Volk Christen nannte, die Schuld, und belegte sie mit den ausgesuchtesten Strafen. Der, von welchem dieser Name ausgegangen, Christus, war unter der Regierung des Tiberius vom Prokurator Pontius Pilatus hingerichtet worden. Der für den Augenblick unterdrückte verderbliche Aberglaube brach nicht nur in Judäa, dem Vaterlande dieses Unwesens, sondern auch in Rom, wo von allen Seiten alle nur denkbaren Gräuel und Abscheulichkeiten zusammenfließen und Anhang finden, wieder aus. Anfangs wurden solche ergriffen, welche sich dazu bekannten, und dann auf deren Anzeige hin eine ungeheure Menge nicht nur der Brandstiftung als auch des allgemeinen Menschenhasses überwiesen. Bei ihrem Tod wurde auch noch Spott mit ihnen getrieben, indem sie, bedeckt mit den Fellen wilder Tiere von Hunden zerrissen oder ans Kreuz geheftet starben oder zum Feuertode bestimmt, sich zur nächtlichen Erleuchtung verbrennen lassen mussten, wenn sich der Tag neigte.” (Tacitus, Annalen, 15,44)
Der Inhalt des Textes zeigt klar, dass der Autor kein Christ war, und dass er seine Informationen über den Tod Jesu nicht aus einer christlichen Quelle geschöpft hat.
Irgendwann nach dem Jahre 72 schrieb ein Syrer namens Mara Bar-Serapion aus dem Gefängnis seinem Sohn Serapion einen Brief, in dem es unter anderem heißt:
“Welchen Vorteil hatten die Athener davon, Sokrates zu töten? Hungersnot und Seuchen kamen über sie als Strafe für die Verbrechen. Welchen Vorteil hatten die Leute von Samos davon, Pythagoras zu verbrennen? In einem Augenblick wurde ihr Land vom Sand bedeckt. Welchen Vorteil hatten die Juden davon, ihren weisen König hinzurichten? Bald darauf hatte ihr Königreich ein Ende. … Ebenso starb der weise König für immer; er lebte weiter in der Lehre, die er gegeben hatte.”
Der Autor hatte zwar eine positive Einstellung zu Jesus, war aber sicher kein Christ, da er nicht über die Auferstehung Jesu schrieb, sondern, darüber, dass er in der Lehre, die er gegeben hatte, weiterlebe. Sein Zeugnis zeigt daher, dass die Hinrichtung Jesu allgemein bekannt war, nicht nur unter den Christen.
Ein weiteres Zeugnis für den Tod Jesu finden wir im Talmud:
“Am Vorabend des Pesachfestes henkte man Jesus. Vierzig Tage vorher hatte der Herold ausgerufen: Er wird zur Steinigung hinausgeführt, weil er Zauberei betrieben und Israel verführt und abtrünnig gemacht hat; wer etwas zu seiner Verteidigung zu sagen hat, komme und bringe es vor. Da aber nichts zu seiner Verteidigung vorgebracht wurde, so henkte man ihn am Vorabend des Pesachfestes.” (Sanhedrin 43a)
Die Darstellung ist gewiss legendär überformt. Die Hinrichtung Jesu steht aber außer Zweifel. Die Information stammt sicher nicht von den Christen. Der Zeitpunkt der Niederschrift ist nicht genau zu eruieren. Experten datieren diesen Text in die tannaitische Periode zwischen 70 und 200.
Diese drei Beispiele – ein heidnischer, das Christentum ablehnender Historiker, ein Jesus wohlgesonnener, aber doch nichtchristlicher Philosoph und der Jesus als Verführer ablehnende Talmud – zeigen, dass auch außerhalb des Christentums unter denen, die sich mit Jesus beschäftigten, kein Zweifel an der Tatsache der Hinrichtung Jesu bestand.
2.4 Dem Koran nicht unbekannt
2.4.1 Zusammenschau verschiedener Koranstellen
Auch wenn Muslime heute überzeugt sind, dass Jesus nicht gekreuzigt wurde, finden wir sogar im Koran Hinweise auf den bereits geschehenen Tod Jesu, mit denen wir uns nun beschäftigen wollen.
Sure 19 berichtet über die Geburt Jesu, und wie der Säugling Jesus kurz nach seiner Geburt sprach, auch um die Ehre seiner Mutter zu verteidigen. In diesem Zusammenhang lesen wir:
“Und Friede sei über mir am Tag, da ich geboren wurde, und am Tag, da ich sterbe, und am Tag, da ich wieder zum Leben erweckt werde.” (Sure 19,33)
Geburt, Tod und Auferstehung Jesu, die Grundtatsachen des christlichen Glaubens über Jesus werden hier in einem einzigen Zusammenhang erwähnt. Wenn diese Worte kurz nach der Geburt Jesu gesprochen werden, legt sich doch das Verständnis nahe, dass es hier um Beginn und Ende des irdischen Lebens Jesu und der darauf folgenden Auferstehung geht. Die Erklärung, dass hier von einem zu erwartenden Tod Jesu nach dessen Wiederkunft die Rede sei, entspringt nur dem Wunsch, diesen Vers mit der üblichen Interpretation von Sure 4,157 zu harmonisieren. Wenn jemand Sure 19,33 ohne die Kenntnis von Sure 4,157 liest, würde er nicht auf die heute übliche Erklärung kommen.
Ähnlich verhält es sich auch mit folgendem Vers:
“Als Gott sprach: “O Jesus, Ich werde dich abberufen und zu Mir erheben und dich von denen, die ungläubig sind, rein machen. Und Ich werde diejenigen, die dir folgen, über die, die ungläubig sind, stellen bis zum Tag der Auferstehung. Dann wird zu Mir eure Rückkehr sein, und Ich werde zwischen euch über das urteilen, worüber ihr uneins waret.” (Sure 3,55)
Jesus stirbt und wird anschließend zu Gott erhoben. In Vers 52 geht es um den Unglauben der Zeitgenossen Jesu während seines irdischen Lebens:
“Als Jesus Unglauben von ihrer Seite spürte, sagte er: “Wer sind meine Helfer (auf dem Weg) zu Gott hin?” Die Jünger sagten: “Wir sind die Helfer Gottes. Wir glauben an Gott. Bezeuge, dass wir gottergeben sind.” (Sure 3,52)
Die Reinigung Jesu von den Ungläubigen, die durch seine “Abberufung” und Erhöhung geschehen ist, passt in diesem Zusammenhang nur auf das Ende seines irdischen Lebens.
Noch klarer als die Übersetzung von Khoury spricht die Version von Abu-r-Rida Muhammad Ibn Ahmad Ibn Rassoul über den Tod Jesu:
“Damals sprach Allah: “O Jesus, siehe, Ich will dich verscheiden lassen und will dich zu mir erhöhen […]”
Der Vergleich mit Sure 6,61 zeigt auch, dass die “Abberufung” den Tod meint:
“Er ist der, der bezwingende Macht über seine Diener besitzt. Und Er entsendet Hüter über euch, sodass, wenn der Tod zu einem von euch kommt, unsere Boten ihn abberufen, und sie übergehen nichts.”
Auch in Sure 5,117 erwähnt der Koran Worte Jesu über seine bereits geschehene “Abberufung”, d. h. seinen bereits geschehenen Tod:
“Ich habe ihnen nichts anderes gesagt als das, was Du mir befohlen hast, nämlich: “Dienet Gott, meinem Herrn und eurem Herrn.” Ich war Zeuge über sie, solange ich unter ihnen weilte. Als Du mich abberufen hast, warst Du der Wächter über sie. Und Du bist über alle Dinge Zeuge.” (Sure 5,117)
Beachtenswert ist auch folgende Aussage:
“Und Wir ließen dem Mose das Buch zukommen und nach ihm die Gesandten folgen. Und Wir ließen Jesus, dem Sohn Marias, die deutlichen Zeichen zukommen und stärkten ihn mit dem Geist der Heiligkeit. Wollt ihr euch denn jedes Mal, wenn euch ein Gesandter etwas bringt, was ihr nicht mögt, hochmütig verhalten und einen Teil (von ihnen) der Lüge zeihen und einen (anderen) Teil töten?” (Sure 2,87)
Der Koran bezeichnet folgende Menschen als Gesandte:
- Noah (26,106-107)
- Salih (26,142-143)
- Lot (Lut) (26,161-162)
- Jethro (Schuaib) (26,177-178)
- Mose (19,51)
- Ismael (19,54)
- Eber (Hud) (11,58–59)
- Eliah (37,123)
- Jona (37,139)
- Jesus
- Muhammad
Nur über einen einzigen der hier erwähnten Menschen ist bekannt, dass er getötet wurde: Jesus. Jesus ist auch in Sure 2,87 direkt erwähnt. Also legt sich nahe, dass auch Sure 2,87 über den Tod Jesu spricht.
Das trifft auch auf Sure 3,183 zu:
“Das sind die, die sagten: “Gott hat uns auferlegt, an keinen Gesandten zu glauben, bis er uns ein Opfer bringt, das das Feuer verzehrt.” Sprich: Es sind vor mir Gesandte mit den deutlichen Zeichen und mit dem, was ihr gesagt habt, zu euch gekommen. Warum habt ihr sie dann getötet, so ihr die Wahrheit sagt?” (Sure 3,183)
Jesus ist mit deutlichen Zeichen gekommen. Er hat Blinde und Aussätzige geheilt, er hat Tote auferweckt. Er wurde abgelehnt und getötet. Von keinem anderen im Koran erwähnten Gesandten wurde das gesagt.
Interessant ist auch Sure 6,122, die von jemandem spricht, der tot war und dann wieder lebendig gemacht wurde:
“Ist denn der, der tot war, den Wir aber dann wieder lebendig gemacht und dem Wir ein Licht gegeben haben, dass er darin unter den Menschen umhergehen kann, mit dem zu vergleichen, der in den Finsternissen ist und nicht aus ihnen herauskommen kann? So ist den Ungläubigen verlockend gemacht worden, was sie zu tun pflegten.” (Sure 6,122)
Möglicherweise finden wir auch hier einen Hinweis auf den Tod und die Auferweckung Jesu. Jesus hat über sich selbst gesagt:
“[…] und ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und des Hades.” (Offenbarung 1,18)
Wir sehen, dass drei Stellen des Koran (3,55; 5,117; 19,33) über den Tod Jesu am Ende seines irdischen Lebens sprechen, zwei Stellen (2,87; 3,183), die über die Ermordung der Gesandten sprechen, mit größter Wahrscheinlichkeit Jesus meinen, und eine weitere Stelle (6,122) möglicherweise eine Anspielung auf Tod und Auferstehung Jesu enthält.
Der Koran stimmt hier mit dem Zeugnis des Neuen Testaments überein. Nur eine einzige Stelle (4,157) scheint im Widerspruch zur Bibel zu stehen. Deswegen wollen wir uns mit dieser Stelle und ihrer Interpretation gesondert beschäftigen.
2.4.2 Zur Auslegung von Sure 4,157-158
“(Verflucht wurden sie,) weil sie ihre Verpflichtung brachen, die Zeichen Gottes verleugneten, die Propheten zu Unrecht töteten und sagten: “Unsere Herzen sind unbeschnitten” – vielmehr hat Gott sie wegen ihres Unglaubens versiegelt, sodass sie nur wenig glauben;
Und weil sie ungläubig waren und gegen Maria eine gewaltige Verleumdung aussprachen;
Und weil sie sagten: “Wir haben Christus Jesus, den Sohn Marias, den Gesandten Gottes, getötet.” – Sie haben ihn aber nicht getötet, und sie haben ihn nicht gekreuzigt, sondern es erschien ihnen eine ihm ähnliche Gestalt. Diejenigen, die über ihn uneins sind, sind im Zweifel über ihn. Sie haben kein Wissen über ihn, außer dass sie Vermutungen folgen. Und sie haben ihn nicht mit Gewissheit getötet,
Sondern Gott hat ihn zu sich erhoben. Gott ist mächtig und weise.
Und es gibt keinen unter den Leuten des Buches, der nicht noch vor seinem Tod an ihn glauben würde. Am Tag der Auferstehung wird er über sie Zeuge sein.” (Sure 4,155-159)
Der Zusammenhang spricht über die Juden. Es wird an verschiedenen Beispielen aufgelistet, wie sie Gott ungehorsam waren und gegen ihn gehandelt haben. Bereits in Vers 153 wird auf die Sünde mit dem goldenen Kalb hingewiesen. Vers 154 spricht über den Bundesschluss mit dem Volk Israel in der Wüste. Die folgenden Verse wollen zeigen, wie sie diesen Bund aber nicht gehalten haben.
Konkret wird ihnen vorgeworfen, dass
- sie ihre Verpflichtung brachen,
- sie die Zeichen Gottes verleugneten,
- sie die Propheten zu Unrecht töteten,
- sie sagten: “Unsere Herzen sind unbeschnitten”,
- sie gegen Maria eine gewaltige Verleumdung aussprachen,
- sie sagten: “Wir haben Christus Jesus, den Sohn Marias, den Gesandten Gottes, getötet.”
Auf den letzten Vorwurf wird dann noch genauer eingegangen. Ihr prahlerisches Reden “Wir haben ihn getötet.” wird zurückgewiesen. Es wird gesagt, dass sie ihn nicht getötet haben, dass sie ihn nicht gekreuzigt haben.
Muss man diesen Vers zwangsläufig so verstehen, dass Jesus nicht getötet und gekreuzigt wurde? Die Auslegungsgeschichte dieser Stelle zeigt, dass nicht alle Erklärer das so verstanden haben.
Bei weitem die meisten Ausleger verstanden und verstehen diese Stelle im Sinne einer Substitution. Statt Jesus wurde jemand anderer gekreuzigt, auf den Gott die Ähnlichkeit Jesu geworfen habe, sodass er von den Juden gekreuzigt wurde. Diese Erklärung existiert aber in verschiedensten Varianten.
Manche sprechen nur von irgendeinem Mann, ohne das näher zu spezifizieren, etliche meinen, dass Jesus seine Jünger gefragt habe, wer statt ihm sterben möchte, um so direkt ins Paradies zu kommen, oder dass Judas statt Jesus gekreuzigt wurde, ein anderer wiederum denkt an irgendeinen Juden, der gerade vorbeigekommen ist, und der von Judas geküsst wurde. Wiederum andere denken an Natanyus, einen Freund der Juden oder an einen Juden namens Tatanus. Auch einer der Juden, die Jesus verhaften wollten oder einer seiner Wächter wurden vorgeschlagen. Etwas von der üblichen Substitutionstheorie abweichend ist der Gedanke, dass es einen Juden gab, der sich fälschlicherweise als Jesus ausgab, dem es aber nicht gelang, ein Wunder zu wirken, und der deshalb von der aufgebrachten jüdischen Menge gekreuzigt wurde. Ein anderer Erklärer meinte, dass die jüdischen Führer einen Mann genommen haben, ihn getötet und gekreuzigt haben. Niemand durfte seinen Leichnam sehen, bis er bis zur Unkenntlichkeit verwest war. Dann behaupteten sie, dass sie Jesus getötet hätten. Neuere Erklärer, die die Substitutionstheorie vertreten, sind sehr zurückhaltend, was die Person des an Jesu Stelle Gekreuzigten betrifft, da der Koran darüber nichts Bestimmtes sagt.
Dieser kurze unvollständige Überblick über die verschiedenen Varianten der Substitutionstheorie zeigt, dass Einheit unter den Auslegern nur darin besteht, dass statt Jesus jemand anderer gekreuzigt wurde. In allen anderen Punkten gibt es keine Einheit. Auf diese Erklärer trifft das zu, was in Sure 4,157 über andere gesagt wird:
“Sie haben kein Wissen über ihn, außer dass sie Vermutungen folgen.”
Für Christen, Juden und die heidnischen Zeitgenossen stand die Kreuzigung Jesu immer außer Zweifel. Sie bauten auf historischen Fakten auf, nicht auf Vermutungen.
Manchmal wird mit Verweis auf Basilides im 2. Jahrhundert gesagt, dass es auch Christen gab, die nicht an die Kreuzigung Jesu geglaubt haben. Aber Basilides war kein Christ, sondern Gnostiker und kam zu seiner Theorie nicht aufgrund historischer Quellen, sondern wegen seiner gnostischen Lehre.
Es gab aber auch muslimische Ausleger, die durch Sure 4,157 nicht daran gehindert wurden, an die Faktizität der Kreuzigung Jesu zu glauben, so Al-Qasim Ibn Ibrahim Al-Rassi (gestorben 860) und Abu Hamid Al-Ghazali (gestorben 1111). Abu Hatim Al-Razi (gestorben 933/4) verwies auf die Aussagen des Koran über die Märtyrer:
“Und sagt nicht von denen, die auf dem Weg Gottes getötet werden, sie seien tot. Sie sind vielmehr lebendig, aber ihr merkt es nicht.” (Sure 2,154)
“Halte diejenigen, die auf dem Weg Gottes getötet wurden, nicht für tot. Sie sind vielmehr lebendig bei ihrem Herrn, und sie werden versorgt.” (Sure 3,169)
Er wies auch darauf hin, dass beide Schriften, Koran und Evangelium in Buchstaben und Geist übereinstimmen. Er verwies auf Stellen in Johannes, Lukas und Matthäus. Während sein “Zitat” aus Johannes unklar ist, entsprechen die Zitate aus Lukas und Matthäus stärker dem Text der Bibel, vor allem in Matthäus 10,28:
“Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht zu töten vermögen; fürchtet aber vielmehr den, der sowohl Seele als auch Leib zu verderben vermag in der Hölle!”
Auch Ja’far Ibn Mansur Al-Yaman (gestorben 960) und Al-Sijistani (gestorben 971) waren von der Historizität der Kreuzigung Jesu überzeugt.
Wir haben diese wenigen Vertreter eines alternativen Verständnisses von Sure 4,157 angeführt, um zu zeigen, dass dieser Text auch anders verstanden werden kann, als es die meisten heutigen Muslime tun.
Zusätzlich zu den bisherigen Gedanken sei angemerkt, dass es ohnehin nicht die Juden waren, die Jesus gekreuzigt haben. Auch wenn die Initiative zur Ermordung Jesu zweifellos von den jüdischen Führern ausging, waren es die Römer, die die Exekution durchgeführt haben. Ohne das Fehlurteil des Pilatus wäre Jesus nicht gekreuzigt worden. Hätten die Juden ihn getötet, dann hätten diese ihn, wie den ersten christlichen Märtyrer Stephanus, gesteinigt. In diesem Sinne stimmt die Aussage von Sure 4,157 auf jeden Fall. Die Juden haben Jesus nicht getötet und gekreuzigt. Das haben die Römer gemacht. Insofern widerspricht der Wortlaut “Sie (die Juden) haben ihn nicht getötet” auch nicht der Faktizität der Kreuzigung Jesu, da diese ja durch die Römer ausgeführt wurde.
Das Argument, dass Gott seinen Knecht vor der Ermordung durch seine Feinde bewahren wollte, mag zeigen, dass die Menschen, die dieses Argument verwenden, eine grundsätzlich positive Einstellung zu Jesus haben mögen. Aber schon der unmittelbare Zusammenhang der Stelle zeigt, dass dieses Argument nicht zutrifft. Vers 155 wirft den Juden vor, dass diese die Propheten zu Unrecht getötet hätten, was auch zahlreichen Aussagen der Thora und des Evangeliums entspricht. Alle diese zu Unrecht getöteten Propheten wurden nicht vor dem Tod bewahrt, obwohl Gott immer an ihrer Seite stand. Gewiss besteht ein Unterschied zwischen Jesus und allen anderen Propheten darin, dass Jesus als Einziger völlig sündenlos war, und Jesus deshalb des Schutzes Gottes noch würdiger gewesen wäre als alle anderen Propheten. Aber weder der Bibel noch dem Koran können wir den Grundsatz entnehmen, dass die Propheten vor der Bosheit der Menschen absolut bewahrt werden würden.
Im Gegenteil: Die oben angeführten Stellen aus 2,154 und 3,169 lehren, dass der Tod “auf dem Weg Gottes” kein wirklicher Tod ist, kein Ende der Existenz sondern der Übergang zum Leben in der Gegenwart Gottes. Wenn schon die Gläubigen, die in der Verfolgung ihr irdisches Leben verlieren, nicht wirklich tot sind, umso weniger konnte der Tod Jesus, den Fürsten des Lebens festhalten.
“Den hat Gott auferweckt, nachdem er die Wehen des Todes aufgelöst hatte, wie es denn nicht möglich war, dass er von ihm behalten würde.” (Apostelgeschichte 2,24)
Unter diesem Gesichtspunkt kann auch Sure 4,157 so verstanden werden, dass hier nicht die Geschichtlichkeit der Kreuzigung Jesu geleugnet wird, sondern dass hier ausgedrückt werden will, dass trotz der Kreuzigung und des physischen Sterbens Jesus nicht tot ist. Der Fürst des Lebens kann nicht getötet werden. Die Gegner Jesu haben mit der Kreuzigung Jesu ihr Ziel nicht erreicht. Jesus lebt in der Gegenwart seines Vaters!
Da, wie oben angeführt, andere Stellen des Koran klar über den Tod Jesu sprechen, und auch Sure 4,157 nicht notwendigerweise gegen die Tatsache der Kreuzigung Jesu spricht, ist auch von Muslimen den historischen Zeugnissen und den Dokumenten des Neuen Testaments Glauben zu schenken, dass Jesus von Nazareth tatsächlich gekreuzigt wurde.
3 Weiterführende Gedanken
3.1 Wäre Jesus nicht gestorben …
Die Prüfung jüdischer, christlicher, heidnischer und islamischer Quellen hat ergeben, dass es keinen ernsthaften Grund zum Zweifel am Kreuzestod Jesu gibt. Im Folgenden wollen wir auf zwei Konsequenzen aufmerksam machen, die die Bestreitung dieser historischen Tatsache auch für Muslime hat.
3.1.1 Gott wäre nicht wahrhaftig
Es entspricht dem durch die Vernunft erkennbaren Wesen Gottes, dass Gott absolut gut und wahrhaftig ist, dass Gott daher auch nicht lügen kann. Dieser wichtige Wesenszug Gottes wird auch durch die Worte der Bibel bestätigt:
“Nicht ein Mensch ist Gott, dass er lüge, noch der Sohn eines Menschen, dass er bereue. Sollte er gesprochen haben und es nicht tun und geredet haben und es nicht halten?” (Numeri 23,19)
“[…] in der Hoffnung des ewigen Lebens – das Gott, der nicht lügt, vor ewigen Zeiten verheißen hat;” (Titus 1,2)
Auch der Koran bezeugt das:
“Dies, weil Gott die Wahrheit ist, und weil Er die Toten lebendig macht und weil Er Macht hat zu allen Dingen […]” (Sure 22,6)
Jesus sagte über sich selbst:
“Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben.” (Johannes 14,6)
Der Koran bestätigt dies:
“Das ist Jesus, der Sohn Marias. Es ist das Wort der Wahrheit, woran sie zweifeln.” (Sure 19,34)
Wie passt nun etwa folgender Text zur Wahrhaftigkeit Gottes?
Die Leute, die mit ‘Isa im Hause waren, wurden aus dem Haus zerstreut, bevor die Juden über ihn kamen. ‘Isa blieb, und seine Ähnlichkeit wurde auf einen seiner Gefährten geworfen, der noch mit ihm im Haus geblieben war. Und ‘Isa wurde erhöht, und einer, der in die Ähnlichkeit ‘Isas verwandelt worden war, wurde getötet. Und seine Gefährten dachten aufgrund dessen, was sie an dem, der ihm ähnlich gemacht wurde, geschehen sahen, dass der, der gekreuzigt worden war, ‘Isa sei. Und die Wahrheit der Angelegenheit war vor ihnen verborgen, weil sein Erhöhtwerden und die Veränderung dessen, der getötet wurde, in seine Ähnlichkeit, nach ihrem Zerstreutwerden geschehen ist. Auch hatten sie gehört, dass ‘Isa in jener Nacht seinen Tod angekündigt hatte, auch dass er getrauert hatte, weil er dachte, dass sich der Tod ihm nahte. Und sie haben das, was geschehen ist, als wahr verstanden, aber die Sache mit Gott war wirklich ganz unterschiedlich zu dem, was sie verstanden hatten. Und die Jünger, die das so verstanden haben, verdienen es nicht, Lügner genannt zu werden. (Aus dem Kommentar von Al-Tabari – 9./10. Jahrhundert)
Al-Tabari war bemüht, die Jünger Jesu zu rechtfertigen. Sie verdienen nicht, Lügner genannt zu werden. Wenn aber nun die Jünger Jesu keine Lügner waren, wer dann? Wurden sie von Gott belogen? (Ein lästerlicher Gedanke!) Nach diesem Kommentar hat sogar Jesus selbst seinen Tod erwartet. Wurde auch Jesus getäuscht? Oder diente sein Verhalten auch nur dazu, die Jünger zu täuschen?
Wenn die Jünger Jesu keine Lügner waren, was den Tod Jesu betrifft, dann waren sie auch keine Lügner, was seine Auferstehung betrifft. Wie sind dann alle Zeugnisse über die Auferstehung zu erklären, wenn Jesus nicht tatsächlich auferstanden ist?
Gewiss ist Al-Tabari nur ein – wenn auch berühmter – Vertreter der zahlreichen Koranerklärer. Wie oben erwähnt, gibt es ja zahlreiche Varianten, Sure 4,157 zu erklären. Aber das Problem stellt sich bei allen Varianten der Substitutionstheorie: Die Jünger Jesu waren überzeugt davon, dass Jesus gestorben war, und haben das von Anfang an so weitergegeben, ja sie haben dieses Wissen auch bei ihren Hörern vorausgesetzt. Entweder haben die Jünger getäuscht, oder sie wurden getäuscht. Die Jünger waren bereit, mit ihrem Leben für ihre Botschaft einzustehen. Es ist nicht zu erwarten, dass ein Lügner bereit ist, für seine Lüge gefangen, geschlagen, gefoltert und getötet zu werden. Etliche der Jünger Jesu erlitten dieses Schicksal. Wenn die Jünger getäuscht wurden, dann konnte es nur Gott sein, der sie täuschte. Wie passt das aber zu dem Gott, der die Wahrheit in Person ist, der durch und durch Licht ist, und in dem es keine Spur einer Finsternis geben kann?
“Und dies ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkündigen: dass Gott Licht ist, und gar keine Finsternis in ihm ist.” (1 Johannes 1,5)
Interessant ist, dass manche muslimische Übersetzer keine Bedenken haben, Gott der Täuschung zu bezichtigen. So übersetzt Abu-r-Rida in 4,157:
“[…] während sie ihn doch weder erschlagen noch gekreuzigt hatten, sondern dies wurde ihnen nur vorgetäuscht […]”
Der arabische Text zwingt nicht zu dieser Übersetzung. Man könnte auch übersetzen: Es erschien ihnen nur so.
Weiters: Wenn Gott Jesus vom Kreuzestod bewahren wollte, warum hat er es in so einer versteckten Weise getan? Warum musste ein anderer an Jesu Statt sterben? Gott hätte Jesus auch ganz sichtbar vor allen vom Kreuz herabsteigen lassen können, oder vom Kreuz weg zu sich erhöhen können.
3.1.2 Jesus wäre kein Prophet
Jesus hat wiederholt, obwohl es für seine Jünger sehr schwer verstehbar war, über seinen Tod gesprochen:
“Von der Zeit an begann Jesus seinen Jüngern zu zeigen, dass er nach Jerusalem hingehen müsse und von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten vieles leiden und getötet und am dritten Tag auferweckt werden müsse.” (Matthäus 16,21)
“Als sie sich aber in Galiläa aufhielten, sprach Jesus zu ihnen: Der Sohn des Menschen wird überliefert werden in der Menschen Hände, und sie werden ihn töten, und am dritten Tag wird er auferweckt werden. Und sie wurden sehr betrübt.” (Matthäus 17,22-23)
“Und als Jesus nach Jerusalem hinaufging, nahm er die zwölf Jünger allein zu sich und sprach auf dem Weg zu ihnen: Siehe, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und der Sohn des Menschen wird den Hohenpriestern und Schriftgelehrten überliefert werden, und sie werden ihn zum Tode verurteilen; und sie werden ihn den Nationen überliefern, um ihn zu verspotten und zu geißeln und zu kreuzigen; und am dritten Tag wird er auferweckt werden.” (Matthäus 20,17-19)
Wenige Tage vor seinem Tod sagte Jesus:
“Die Stunde ist gekommen, dass der Sohn des Menschen verherrlicht werde. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht. […] Jetzt ist meine Seele bestürzt. Und was soll ich sagen? Vater, rette mich aus dieser Stunde? Doch darum bin ich in diese Stunde gekommen. Vater, verherrliche deinen Namen! Da kam eine Stimme aus dem Himmel: Ich habe ihn verherrlicht und werde ihn auch wieder verherrlichen.” (Johannes 12,23-24.27-28)
Nicht nur Jesus hat klar über seinen Tod gesprochen. Auch Gott hat die Worte Jesu bestätigt.
Auch bei seiner letzten gemeinsamen Mahlzeit mit seinen Jüngern sprach Jesus klar über seinen Tod:
“Ebenso auch den Kelch nach dem Mahl und sagte: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird.” (Lukas 22,20)
Wenn Jesus von seinem Blut sprach, das vergossen werden wird, dann konnte er nur seinen Tod damit meinen.
Kurz vor seiner Verhaftung bezog er noch ein Wort aus dem Buch des Propheten Sacharja auf sich:
“Darauf spricht Jesus zu ihnen: Ihr werdet euch alle in dieser Nacht an mir ärgern; denn es steht geschrieben: “Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe der Herde werden zerstreut werden.” Nachdem ich aber auferweckt sein werde, werde ich vor euch hingehen nach Galiläa.” (Matthäus 26,31-32)
Dem entsprechen auch die Worte des Säuglings Jesus im Koran:
“Und Friede sei über mir am Tag, da ich geboren wurde, und am Tag, da ich sterbe, und am Tag, da ich wieder zum Leben erweckt werde.” (Sure 19,33)
Jesus hat als Prophet immer wieder über seinen Tod und seine Auferweckung gesprochen. Er hat nie angekündigt, dass ihn Gott auf wunderbare Weise vor dem Tod bewahren würde.
Wäre Jesus nicht gekreuzigt worden, wäre er kein Prophet gewesen. Er hätte nichts über Gottes Wirken an sich selbst gewusst. Wie könnte er der Gesandte Gottes, ja sogar das Wort Gottes sein, wenn er so sehr im Irrtum über sich selbst und sein eigenes Schicksal gewesen wäre? Er könnte uns nicht den Weg Gottes zeigen. Sowohl Christen als auch Muslime wären im Irrtum.
3.2 Jesus starb für uns
Da wir aber wissen, dass Gott die Wahrheit ist und nicht lügen kann, dass Jesus Prophet Gottes – ja mehr als ein Prophet – ist, ist der Tod Jesu am Kreuz eine unumstößliche Tatsache.
Im Folgenden wollen wir einige Gedanken über die Bedeutung des Todes Jesu anreißen. Es geht uns hier nicht um eine vollständige Behandlung dieses umfangreichen Themas. Es sollen nur einige Anstöße zum weiteren Nachdenken gegeben werden. Für einen tieferen Austausch über diese Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.
Zuerst wollen wir einige Aspekte auflisten, die die Bedeutung des Todes Jesu für alle Menschen zeigen, und dann noch kurz einige Lehrmeinungen zurückweisen, die oft als “christliche” Lehre betrachtet werden, aber ohne ausreichende biblische Basis sind.
3.2.1 Was bedeutet Jesu Tod für uns?
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Jesus ist der treue Zeuge
Sure 4,159 sagt über Jesus:
“Am Tag der Auferstehung wird er über sie Zeuge sein.” (Sure 4,159b)
Jesus war ein Zeuge nicht erst am Tag der Auferstehung, sondern auch während seines irdischen Lebens. Während seines Prozesses vor dem römischen Prokurator Pontius Pilatus sagte Jesus:
“Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis gebe. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört meine Stimme.” (Johannes 18,37)
Mit seinem ganzen Leben, und auch mit seinem Sterben hat Jesus Zeugnis abgelegt für die Wahrheit. Gottes Wahrheit war ihm wichtiger als selbst das irdische Leben. Er blieb Gottes Auftrag treu bis in den Tod hinein. Darum heißt es im Buch der Offenbarung auch:
“[…] und von Jesus Christus, der der treue Zeuge ist, der Erstgeborene der Toten und der Fürst der Könige der Erde!” (Offenbarung 1,5a)
Jesus war der treue Zeuge bis in den Tod hinein. Und so ist er auch als der Auferstandene noch viel mehr der Zeuge für Gottes Wahrheit, für Gottes Liebe und Treue, dem wir unser ganzes Leben anvertrauen dürfen.
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Jesus ist ein Zeichen für alle Menschen
“[…] Wir wollen ihn zu einem Zeichen für die Menschen und zu einer Barmherzigkeit von Uns machen. Und es ist eine beschlossene Sache.” (aus Sure 19,21)
Jesus sagte zu den Juden, wie er für alle Menschen zum Zeichen werden wird:
“Und ich, wenn ich von der Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen.” (Johannes 12,32)
Sein Jünger Johannes, der das Evangelium geschrieben hat, fügt ergänzend hinzu:
“Dies aber sagte er, um anzudeuten, welches Todes er sterben sollte.” (Johannes 12,33)
Die Juden haben durch die Hand der Römer Jesus ans Kreuz “erhöht”. Gott hat ihn auferweckt und zu sich erhoben. So wurde Jesus in seiner Verherrlichung zum Zeichen für alle Menschen. Er hat die Autorität und Herrlichkeit, alle Menschen zu sich und so durch ihn zu Gott zu ziehen. In seiner Liebe ruft er alle Menschen.
Er erfüllte dadurch auch das Wort des Propheten Jesaja:
“Und an jenem Tag wird es geschehen: der Wurzelspross Isais, der als Feldzeichen der Völker dasteht, nach ihm werden die Nationen fragen; und seine Ruhestätte wird Herrlichkeit sein.” (Jesaja 11,10)
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Jesus ist Gottes Barmherzigkeit
“[…] Wir wollen ihn zu einem Zeichen für die Menschen und zu einer Barmherzigkeit von Uns machen. Und es ist eine beschlossene Sache.” (aus Sure 19,21)
In der Person Jesu begegnet uns Gottes Barmherzigkeit. Das betrifft die Zeit seines irdischen Lebens, aber er brachte uns Gottes Barmherzigkeit auch durch seinen Tod und seine Auferstehung nahe.
Daher musste er in allem den Brüdern gleich werden, damit er barmherzig und ein treuer Hoherpriester vor Gott werde, um die Sünden des Volkes zu sühnen; denn worin er selbst gelitten hat, als er versucht worden ist, kann er denen helfen, die versucht werden. (Hebräer 2,17-18)
“Da wir nun einen großen Hohenpriester haben, der durch die Himmel gegangen ist, Jesus, den Sohn Gottes, so lasst uns das Bekenntnis festhalten! Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht Mitleid haben könnte mit unseren Schwachheiten, sondern der in allem in gleicher Weise wie wir versucht worden ist, doch ohne Sünde.” (Hebräer 4,14-15)
Um uns helfen zu können, wurde er uns ganz gleich. Er war sogar bereit, Versuchungen zu erdulden, die er aber alle, ohne zu sündigen, durchkämpft und überwunden hat. So kann er auch uns in unseren Versuchungen helfen.
Als er unter den Menschen gewirkt hat, machte er durch seine Worte, seine Zuneigung zu denen, die von den Menschen abgelehnt waren, durch seine Wunder, durch sein ganzes Verhalten, Gottes Barmherzigkeit sichtbar. In seinem Tod, in dem er auf die Ablehnung und den Hass der Menschen nur mit Liebe und Vergebung reagiert hat, zeigte er auch, wie barmherzig Gott ist, wie sehr Gott uns Menschen aus unseren Sünden heraushelfen will, dass er den Hass der Menschen mit vergebender Liebe überwinden wollte.
Die Barmherzigkeit Gottes wird aber nur an denen wirksam, die an ihn glauben, an denen, die die Zuneigung Gottes, die uns in Jesus begegnet glaubend annehmen.
“Gott aber, der reich ist an Barmherzigkeit, hat um seiner vielen Liebe willen, womit er uns geliebt hat, auch uns, die wir in den Vergehungen tot waren, mit dem Christus lebendig gemacht – durch Gnade seid ihr gerettet!” (Epheser 2,4-5)
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Jesus bringt uns Gottes Liebe
“Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.” (Johannes 3,16)
Dieser Vers spricht nicht ausdrücklich über den Tod Jesu. Aber er zeigt, in welchem Rahmen wir den Tod Jesu zu verstehen haben. Gott ist die Liebe (1 Johannes 4,8). Jesus ist gekommen, um uns diese Liebe Gottes zu zeigen. Er hat das durch sein ganzes Leben, durch all seine Worte und Taten getan. Diese Gesinnung der Liebe und Hingabe hat Jesus bis in den Tod hinein gezeigt. Gott liebt uns, die wir durch unsere Sünden seine Feinde waren, so sehr, dass er sogar bereit war, den Tod Jesu in Kauf zu nehmen, um uns dadurch aus unseren Sünden herauszuholen.
Jesus zeigte uns, dass Gott nicht nur die liebt, die ihn lieben. Gott hat uns schon geliebt, als wir durch unsere Sünden noch seine Feinde waren.
“Denn Christus ist, als wir noch kraftlos waren, zur bestimmten Zeit für Gottlose gestorben. Denn kaum wird jemand für einen Gerechten sterben; denn für den Gütigen möchte vielleicht jemand auch zu sterben wagen. Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus, als wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist.” (Römer 5,6-8)
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Jesus bringt Frieden, er versöhnt uns mit Gott
“Und Friede sei über mir am Tag, da ich geboren wurde, und am Tag, da ich sterbe, und am Tag, da ich wieder zum Leben erweckt werde.” (Sure 19,33)
Jesus ist im Frieden mit Gott gestorben. Da er ohne Sünde war, hat nichts seine Beziehung zu seinem Vater getrübt. Aus der Bibel erfahren wir, dass Jesus nicht nur selber im Frieden mit Gott gelebt hat und gestorben ist, sondern dass er selber unser Friede ist, dass er durch seine Liebe und Hingabe bis in den Tod hinein den durch unsere Sünden zerstörten Frieden mit Gott wieder hergestellt hat.
So sagte der Prophet Micha über den Messias:
“Und dieser wird Friede sein.” (Micha 5,4a)
Nach der Geburt Jesu sangen die Engel:
“Herrlichkeit Gott in der Höhe, und Friede auf Erden in den Menschen des Wohlgefallens!” (Lukas 2,14)
Am Abend vor seinem Tode sagte Jesus zu seinen Jüngern:
“Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht wie die Welt gibt, gebe ich euch.” (Johannes 14,27)
Paulus schrieb an die Römer:
“Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus.” (Römer 5,1)
und an die Gemeinde in Kolossä:
“[…] und durch ihn alles mit sich zu versöhnen – indem er Frieden gemacht hat durch das Blut seines Kreuzes – durch ihn, sei es, was auf der Erde oder was in den Himmeln ist. Und euch, die ihr einst entfremdet und Feinde wart nach der Gesinnung in den bösen Werken, hat er aber nun versöhnt in dem Leib seines Fleisches durch den Tod, um euch heilig und tadellos und unsträflich vor sich hinzustellen, […]” (Kolosser 1,20-22)
Wie kann das nun sein, dass der Tod Jesu, das Blut, das er am Kreuz vergossen hat, Frieden bewirkt? Wie kann es sein, dass dieses große Verbrechen, die Ermordung des Messias, die Versöhnung der Menschen mit Gott (und folglich auch die Versöhnung der Menschen untereinander) bewirken sollte?
Paulus schreibt an die Kolosser, dass wir durch unsere Sünden Gott entfremdet und seine Feinde waren. Durch unsere Vergehen sind wir wie Rebellen, die gegen Gott und seine Herrschaft kämpfen. Doch Gott liebt uns. Er will nichts mehr, als dass wir die Rebellion gegen ihn aufgeben, und mit ihm Frieden schließen. Darum hat Gott immer wieder Menschen gesandt, die die Menschen zur Umkehr aufrufen sollten. Oftmals wurden diese Gesandten abgelehnt, verspottet, manchmal auch getötet. Am direktesten hat Gott dadurch gesprochen, dass Sein ewiges Wort in Jesus Mensch geworden ist. In Jesus, dem Wort Gottes, hat Gott selbst zu den Menschen gesprochen. Und gerade in der Konfrontation mit Jesus zeigte sich die Bosheit der rebellischen Menschheit am deutlichsten. Er wurde abgelehnt, gehasst, verfolgt, gefoltert, gekreuzigt. In Jesus haben die Menschen Gott abgelehnt. Aber Jesus reagierte auf all den Hass der Menschen nur mit Liebe. Noch am Kreuz hatte er den tiefen Wunsch, dass Gott den Menschen vergeben möchte. Er blieb heilig und ohne Sünde bis in den Tod hinein. Nicht der kleinste schlechte Gedanke kam in ihm auf, nicht die geringste Regung des Hasses oder der Verachtung war in ihm. So zeigte er, dass Gottes Liebe größer ist als der Hass der Menschen.
Er hat so die Sünde der Menschen überwunden. Jeder, der an ihn glaubt, empfängt durch ihn die Vergebung und erfährt durch den Glauben an ihn die Kraft zu einem neuen Leben in Heiligkeit, nicht deswegen, weil Gott die Sünde in Jesus bestraft hätte, sondern deswegen, weil Gott in Jesus jedem Menschen die Möglichkeit schenkt, seine Sünden zu erkennen, zu bereuen und ein neues Leben zu beginnen.
Durch den Glauben an Jesus wird unser altes sündhaftes Leben in den Tod Jesu hinein genommen. Wir brauchen nicht mehr nach den Maßstäben unseres alten sündhaften Lebens zu leben. Wir sind mit Gott versöhnt und erfahren seine Kraft in uns.
Paulus drückte das in seinem zweiten Brief an die Korinther so aus:
“Denn die Liebe Christi drängt uns, da wir zu diesem Urteil gekommen sind, dass einer für alle gestorben ist und somit alle gestorben sind. Und für alle ist er gestorben, damit die, welche leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferweckt worden ist. […] Daher, wenn jemand in Christus ist, so ist er eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. Alles aber von Gott, der uns mit sich selbst versöhnt hat durch Christus und uns den Dienst der Versöhnung gegeben hat, nämlich dass Gott in Christus war und die Welt mit sich selbst versöhnte, ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnete und in uns das Wort von der Versöhnung gelegt hat.” (2 Korinther 5,14-15.17-19)
Durch den Glauben an Jesus werden wir eine neue Schöpfung. Wir empfangen Vergebung der Sünden, wir sind mit Gott versöhnt.
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Jesus hat die Sünde besiegt. Er bringt Vergebung
Jesus war genauso Mensch wie wir, er wurde zur Sünde versucht. Aber im Gegensatz zu uns und allen anderen Menschen hat er der Versuchung nie nachgegeben. Er hat nie gesündigt. Er hatte immer nur das Gute im Sinn. Sein ganzes Wollen, Denken, Reden und Tun war von dem Wunsch geprägt, das Gute zu tun, Gott zu verherrlichen, den Menschen zu dienen. Selbst als er am Kreuz neben den schlimmsten körperlichen Qualen auch alle Verachtung und Spott der Menschen erleben musste, auch dass ihn die meisten seiner Jünger verlassen hatten, hatte er nur Gutes, nur Liebe und Vergebung im Sinn. So hat er nicht nur die Sünde in seinem eigenen Leben überwunden. Sein Sieg über die Sünde ist für alle da, die an ihn glauben.
“Denn das dem Gesetz Unmögliche, weil es durch das Fleisch kraftlos war, tat Gott, indem er seinen eigenen Sohn in Gestalt des Fleisches der Sünde und für die Sünde sandte und die Sünde im Fleisch verurteilte, […]” (Römer 8,3)
Dieser Vers ist nicht so leicht zu verstehen. Gemeint ist: Gott hat Jesus so gesandt, wie wir sind: “in der Gestalt des Fleisches der Sünde”, d. h., allen Angriffen der Sünde ausgesetzt. Aber genau in diesem Fleisch hat Jesus die Sünde verurteilt, dadurch, dass er nie gesündigt hat. Wenn wir an Jesus glauben, trifft auf uns zu, was Paulus an die Korinther geschrieben hat:
“Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus!” (1 Korinther 15,57)
“In ihm haben wir die Erlösung, die Vergebung der Sünden.” (Kolosser 1,14)
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Jesus hat den Tod besiegt
Petrus sagte über Jesus:
“Den hat Gott auferweckt, nachdem er die Wehen des Todes aufgelöst hatte, wie es denn nicht möglich war, dass er von ihm behalten würde.” (Apostelgeschichte 2,24)
Jesus ist der Fürst oder Urheber des Lebens (Apostelgeschichte 3,15). Er, durch den die ganze Welt ins Dasein gekommen ist, konnte auch nach seinem Tod nicht im Tode bleiben. Durch ihn ist der Tod besiegt worden.
“Weil nun die Kinder Blutes und Fleisches teilhaftig sind, hat auch er in gleicher Weise daran Anteil gehabt, um durch den Tod den zunichte zu machen, der die Macht des Todes hat, das ist den Teufel, […]” (Hebräer 2,14)
Der Urheber des Lebens ist einer von uns geworden, er ist selber gestorben, um gerade dadurch den Tod zu überwinden. Er hat dadurch auch den überwunden, der die Macht des Todes hat, den Teufel.
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Jesus hat den Satan besiegt
Schon während seines irdischen Lebens sagte Jesus im Zusammenhang mit Dämonenaustreibungen:
“Ich schaute den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen.” (Lukas 10,18)
Schon sein Leben auf dieser Erde war ein einziger Sieg über Satan. Jesus hat nie gesündigt. Er hat Menschen zur Umkehr geführt, er hat Gebundene befreit. Durch seine Treue und Liebe, durch seine Heiligkeit bis in den Tod hinein, hat er den Satan völlig besiegt.
“Die Fürsten und Gewalten hat er (Gott) entwaffnet und öffentlich zur Schau gestellt; durch Christus hat er über sie triumphiert.” (Kolosser 2,15 Einheitsübersetzung)
Irdisch betrachtet war der Tod Jesu am Kreuz eine Zurschaustellung eines unschuldig gemarterten und ermordeten Menschen. Aber in diesem Tod Jesu wurde sichtbar, dass Seine Liebe, die die Liebe Gottes war, stärker war als alle Bosheit der Menschen und aller gottfeindlichen Mächte. Sichtbar wurde dieser Sieg in der Auferstehung Jesu.
“Dazu seid ihr berufen worden; denn auch Christus hat für euch gelitten und euch ein Beispiel gegeben, damit ihr seinen Spuren folgt. Er hat keine Sünde begangen und in seinem Mund war kein trügerisches Wort. Er wurde geschmäht, schmähte aber nicht; er litt, drohte aber nicht, sondern überließ seine Sache dem gerechten Richter.” (1 Petrus 2,21-23 Einheitsübersetzung)
Auch wenn Christen im Normalfall nicht gefoltert und ermordet werden, ist doch sein Leben und Sterben unser Vorbild. Wir folgen seinen Fußspuren in unserem Kampf gegen die Sünde, in unserer Liebe zu den Menschen, die von ihm entzündet wurde. Seine Hingabe bis in den Tod hinein ist der Maßstab für unsere Hingabe.
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Jesus hat sich vollkommen hingegeben
“Seid nun Nachahmer Gottes als geliebte Kinder! Und wandelt in Liebe, wie auch der Christus uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat als Opfergabe und Schlachtopfer, Gott zu einem duftenden Wohlgeruch!” (Epheser 5,1-2)
“Ihr Männer, liebt eure Frauen!, wie auch der Christus die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, um sie zu heiligen, sie reinigend durch das Wasserbad im Wort, damit er die Gemeinde sich selbst verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern dass sie heilig und tadellos sei.” (Epheser 5,25-27)
“(Jesus Christus), […] der sich selbst für unsere Sünden hingegeben hat, damit er uns herausreiße aus der gegenwärtigen bösen Welt nach dem Willen unseres Gottes und Vaters, […]” (Galater 1,4)
Jesu Leben und Sterben war Hingabe. Er hat alles, was er war und hatte, sich selbst, ganz hingegeben. Wenn “Islam” Hingabe an Gott bedeutet, dann war Jesus der einzige wirklich vollkommene Muslim. Das Ziel seiner Hingabe ist unsere Heiligung, die ihren Ausdruck in unserer Hingabe findet.
“Hieran haben wir die Liebe erkannt, dass er für uns sein Leben hingegeben hat; auch wir sind schuldig, für die Brüder das Leben hinzugeben.” (1 Johannes 3,16)
3.2.2 Was der Tod Jesu nicht bedeutet
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“Gott kann nur vergeben, wenn Blut fließt”
Im Buch des Propheten Jesaja lesen wir:
“Der Gottlose verlasse seinen Weg und der Mann der Bosheit seine Gedanken! Und er kehre um zu dem HERRN, so wird er sich über ihn erbarmen, und zu unserem Gott, denn er ist reich an Vergebung!” (Jesaja 55,7)
Dieses Wort des Propheten zeigt sehr schön, wie sehr es Gottes Wille ist, den Menschen zu vergeben. Es gibt nur eine Voraussetzung für die Vergebung: die Umkehr. Das wird auch noch an verschiedenen anderen Stellen der Bibel klar ausgedrückt:
“So tat ich dir kund meine Sünde und deckte meine Schuld nicht zu. Ich sagte: Ich will dem HERRN meine Übertretungen bekennen; und du, du hast vergeben die Schuld meiner Sünde.” (Psalm 32,5)
“Wer ist ein Gott wie du, der Schuld vergibt und Vergehen verzeiht dem Rest seines Erbteils! Nicht für immer behält er seinen Zorn, denn er hat Gefallen an Gnade. Er wird sich wieder über uns erbarmen, wird unsere Schuld niedertreten. Und du wirst alle ihre Sünden in die Tiefen des Meeres werfen.” (Micha 7,18-19)
“Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von jeder Ungerechtigkeit.” (1 Johannes 1,9)
Wenn wir keine Vergebung empfangen, liegt das nicht an Gott, sondern an uns. Wenn wir unsere Sünde nicht sehen wollen, wenn wir die Sünde mehr lieben als Gott, verschließen wir uns für das große Geschenk der Vergebung.
“Siehe, die Hand des HERRN ist nicht zu kurz, um zu retten, und sein Ohr nicht zu schwer, um zu hören; sondern eure Vergehen sind es, die eine Scheidung gemacht haben zwischen euch und eurem Gott, und eure Sünden haben sein Angesicht vor euch verhüllt, dass er nicht hört.” (Jesaja 59,1-2)
Jesus ist gekommen, um uns zur Umkehr zu führen, zur Einsicht in unsere Sünden, dazu, das Böse zu hassen und das Gute zu lieben. Wenn wir an ihn glauben, macht er uns frei von unseren Sünden.
“Jesus antwortete ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Jeder, der die Sünde tut, ist der Sünde Sklave. […] Wenn nun der Sohn euch frei machen wird, so werdet ihr wirklich frei sein.” (Johannes 8,34.36)
Leider wird folgender Satz aus dem Hebräerbrief oft falsch verstanden:
“[…] und fast alle Dinge werden mit Blut gereinigt nach dem Gesetz, und ohne Blutvergießen gibt es keine Vergebung.” (Hebräer 9,22)
Es geht hier nicht darum, dass Gott ohne Blutvergießen nicht vergeben könne. Der Schreiber dieses Briefes weist darauf hin, wie es zur Zeit des Alten Testaments normalerweise war. Wenn jemand gesündigt hat, opferte er im Tempel ein Schaf oder einen Stier, um dadurch seiner Reue Ausdruck zu verleihen. Er wollte Gott ein wertvolles Geschenk bringen, durch das er zeigen wollte, wie sehr ihm die Sünde leidtat, und wie ernst sein Wille zur Umkehr war. Jesus hat sein Blut vergossen, nicht, weil Gott das Blut Jesu zur Vergebung brauchte, sondern weil er uns dadurch zeigen wollte, wie wichtig ihm unsere Umkehr ist. Er möchte uns ganz befreien.
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“Jesus war am Kreuz von Gott verlassen”
Dieser Gedanke wird sowohl vom Koran als auch von der Bibel verworfen:
“Und Friede sei über mir am Tag, da ich geboren wurde, und am Tag, da ich sterbe, und am Tag, da ich wieder zum Leben erweckt werde.” (Sure 19,33)
Jesus ist im Frieden mit Gott gestorben.
Im Johannesevangelium sagt er:
“Und der mich gesandt hat, ist mit mir; er hat mich nicht allein gelassen, weil ich allezeit das ihm Wohlgefällige tue.” (Johannes 8,29)
“Siehe, es kommt die Stunde und ist gekommen, dass ihr euch zerstreuen werdet, ein jeder in seine Heimat und mich allein lassen werdet; doch ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir.”(Johannes 16,32)
Jesus war von Gott gesandt. Gott hat ihn nie allein gelassen, weil er allezeit Gottes Willen tat.
Kurz vor seinem Tod drückte Jesus sein tiefstes Vertrauen zu Gott aus:
“Und Jesus rief mit lauter Stimme und sprach: Vater, in deine Hände übergebe ich meinen Geist! Und als er dies gesagt hatte, verschied er.” (Lukas 23,46)
Wenn im Matthäusevangelium berichtet wird, dass Jesus rief:
“Elí, Elí, lemá sabachtháni? Das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?” (Matthäus 27,46b)
so ist das kein Widerspruch zum Bericht von Lukas.
Diese Worte sind die Anfangsworte des 22. Psalms. Jesus hatte nach der Folter und der Kreuzigung nicht mehr die Kraft, den ganzen Psalm zu beten. Aber mit den Anfangsworten war der ganze Psalm mitgemeint. Dieser Psalm spricht viel über das Leiden eines unschuldigen Gerechten. Aber er spricht auch über die Treue Gottes und den Rettungsplan Gottes für alle Menschen. Besonders Vers 25 zeigt, dass der leidende Gerechte nicht von Gott verlassen ist:
“Denn er hat nicht verachtet noch verabscheut das Elend des Elenden, noch sein Angesicht vor ihm verborgen; und als er zu ihm schrie, hörte er.” (Psalm 22,25)
Vers 28 spricht vom Heil Gottes für alle Menschen:
“Es werden daran gedenken und zum HERRN umkehren alle Enden der Erde; vor dir werden niederfallen alle Geschlechter der Nationen.” (Psalm 22,28)
Im Leiden Jesu hat sich dieser Psalm erfüllt. Gott hat Jesus nicht verlassen, Gott hat sein Angesicht nicht vor ihm verborgen. Gott will aber durch Jesus alle Enden der Erde zur Umkehr führen, alle Geschlechter der Nationen werden niederfallen vor Gott und seinem Gesalbten.
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“Jesus starb an unserer Stelle”
Wir finden in der Bibel Aussagen, an denen gesagt wird, dass Jesus für uns gestorben und auferstanden ist, so etwa:
“Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus, als wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist.” (Römer 5,8)
“Denn ich habe euch vor allem überliefert, was ich auch empfangen habe: dass Christus für unsere Sünden gestorben ist nach den Schriften; und dass er begraben wurde und dass er auferweckt worden ist am dritten Tag nach den Schriften; und dass er Kephas erschienen ist, dann den Zwölfen.” (1 Korinther 15,3-5)
Vielfach wird das so verstanden, dass Jesus an unserer Stelle gestorben ist, sodass Jesus von Gott statt uns bestraft worden wäre, als ob Gott nur vergeben könne, wenn jemand bestraft wird. Das allerdings wird in der Bibel nicht gelehrt. Jesus ist für uns gestorben, um uns zur Reue und Umkehr und in der Folge zu einem neuen Leben mit ihm zu führen.
Jeder Christ kann gemeinsam mit Paulus dankbar bekennen:
“[…] und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir; was ich aber jetzt im Fleisch lebe, lebe ich im Glauben, und zwar im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat.” (Galater 2,20)
3.3 Jesus lebt, erhöht zur Rechten Gottes
Wir kommen zurück zum Anfang unserer Ausführungen. Die Erniedrigung Jesu, des Messias bis in den Tod hinein, wie sie von den Schriften des Alten Bundes angekündigt wurde, vom Indschil bezeugt, von profanen Geschichtsschreibern bestätigt und auch vom Koran vorausgesetzt wurde, war nicht das Ende, sondern der Ausgangspunkt für seine Verherrlichung.
“Und Friede sei über mir am Tag, da ich geboren wurde, und am Tag, da ich sterbe, und am Tag, da ich wieder zum Leben erweckt werde.” (Sure 19,33)
Nach dem Tod kam die Auferweckung und Erhöhung Jesu.
“Habt diese Gesinnung in euch, die auch in Christus Jesus war, der in Gestalt Gottes war und es nicht für einen Raub hielt, Gott gleich zu sein. Aber er machte sich selbst zu nichts und nahm Knechtsgestalt an, indem er den Menschen gleich geworden ist, und der Gestalt nach wie ein Mensch befunden, erniedrigte er sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz. Darum hat Gott ihn auch hoch erhoben und ihm den Namen verliehen, der über jeden Namen ist, damit in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge bekenne, dass Jesus Christus Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.” (Philipper 2,5-11)
“Daher kann er die auch völlig retten, die sich durch ihn Gott nahen, weil er immer lebt, um sich für sie zu verwenden. Denn ein solcher Hoherpriester geziemte sich auch für uns: heilig, sündlos, unbefleckt, abgesondert von den Sündern und höher als die Himmel geworden, […]” (Hebräer 7,25-26)
Durch Ihn, der für alle Ewigkeit zu Gott erhöht wurde, dürfen wir dem Vater voll Zuversicht nahen. Danken wir ihm für dieses Geschenk und folgen wir den Fußstapfen Jesu!
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